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Fuchsmundi“ (1711)! aus Hans Sachs entlehnt hat. Als schlagendes
Beispiel sei angeführt, daß im XXVII. Kapitel der „Ollapatrida“ * die
neunerlei Häute, die einer bösen Frau abgeprügelt werden müssen,
genau wie bei Hans Sachs? und ganz in derselben Ordnung aufge-
zählt werden. Auch die Lehre, daß man den Frauen besser mit
Sanftmut begegne, tritt hier wie dort hervor. Sonst findet sich eben-
falls noch Hans-Sachsisches in Stoff und Ausdruck.
Die natürliche Entwicklungsreihe in der Aufführung der Stücke
des Hans Sachs ist also in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
abgeschlossen, nach einem Jahrhundert erst wird an einem Hofe
wieder an die Dresdner Überlieferung angeknüpft. In den Jahren
1777 und 1778 brachte Goethe das „Narrenschneiden“ von Hans Sachs
in Weimar zur Aufführung, damit ist die künstliche Wiederbelebung
des Hans Sachs auf der Bühne der Städter eingeleitet.
Neben den bisher geschilderten dramatischen Richtungen läuft
aber noch eine im engsten Sinne volkstümliche — das Volkss chau-
spiel, das auf bayrisch-österreichischem Gebiete besondere Pflege
fand, aber auch weiter nach Osten und Norden seine Ausläufer
aussandte. Auch in den vom großen Weltgetriebe abgeschiedenen
Gegenden, wo Bauern, Bergknappen und Schiffer sich an einfachen
dramatischen Aufführungen ergötzten, haben Hans Sachsens Werke
reiche Verbreitung gefunden, losgelöst von seinem Namen und von
anderem volkstümlichen Gerank umwoben, haben sie Jahrhunderte
überdauert bis auf den heutigen Tag. Je mehr diese Volksschau-
spiele vor den Fortschritten einer anderen Kultur zurückweichen und
ihrem Untergange entgegengehen, desto eifriger ist die Forschung
bereits seit Jahren bemüht, die noch erhaltenen Reste zu sammeln,
die ursprünglichen Texte herzustellen und auf ihre Quellen zurück-
zuführen. Da die Texte oft nur mündlich oder in schlechten Ab-
schriften sich von Geschlecht zu Geschlecht forterbten, ist diese
Aufgabe keine leichte. Mit besonderem Eifer hat sich August Hart-
mann dem Sammeln und Durchforschen der bayrisch-österreichischen
Volksschauspiele hingegehen nnd namentlich in seinem Werke „ Volks-
1 Weilen, Geschichte des Wiener Theaterwesens, S. 139, spricht
dieses Werk dem Stranitzky entschieden ab.
2 Hy. von R. M. Werner, Wiener Neudrucke, 10 (1886), vgl. S. 168.
3 Hans Sachs, he. von Keller, 5, 233—2834,