Metadaten: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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Dichtungsart empfunden und wieder anklingen lassen; nicht zum 
dichterischen Mummenschanz allein hielt er Hans Sachsens Verse 
für geeignet, er hat in ihre Form auch das Höchste und 'Tiefste, 
was in Lust und Leid die Menschenseele durchzieht, gekleidet. Und 
so läßt sich keine bessere Übereinstimmung zwischen äußerer und 
innerer Form einer Dichtung denken, als wenn er den weitbeschreiten 
Zauberer und Schwarzkünstler Faust zum Teil wenigstens in einem 
poetischen Gewande auftreten läßt, das seinen Schnitt dem größten 
dichterischen Zeitgenossen Fausts — Hans Sachs — verdankt. In 
den Uranfängen des „Faust“ schwebte Goethe noch mehr die Gestalt 
des Zauberers vor, wie sie durch Volksbuch und Puppenspiel über- 
liefert war. Von dieser Auffassung sagte er sich bei längerer Be- 
schäftigung mit dem Stoffe mehr und mehr los. Die Szene in 
Auerbachs Keller, in der an Stelle des Zauberers Faust in der ur- 
sprünglichen Fassung der Zauberer Mephistopheles in der späteren 
Fassung tritt, lehrt uns dies deutlich. Je mehr er sich aber von 
der ursprünglichen Auffassung entfernte, desto mehr trat auch die 
alte Form der metrischen KEinkleidung, der Knittelvers, in den 
Hintergrund. So gehören auch die Teile der Faustdichtung, in denen 
der Knittelvers verwendet wird, zu den ältesten Bestandteilen des 
Werkes. „Erst um Neujahr 1773“! zeigt sich Goethe mit Hans 
Sachsens Versart enger vertraut und so führen die ältesten, nicht 
in Prosa abgefaßten Teile des „Faust“ in jene Zeit der Siebziger- 
jahre, in der Goethe der Knittelversdichtung in ausgedehnterem 
Maße huldigt. Näher auf eine Verwendung des Knittelverses im 
„Faust“ einzugehen, gehört in eine Geschichte des Knittelverses. 
Eine eingehendere Beschäftigung Goethes mit Hans Sachs setzt sie 
nicht unbedingt voraus.* Neue Anregung zu solcher Beschäftigung 
wurde ihm erst wieder in Weimar im Umgange mit Bertuch und 
Wieland zuteil. 
Die Poesie des Tages, für die Goethe den Knittelvers als 
passende Form des Ausdruckes erklärt hatte. hrachte diesen Vers 
1 Goethes Faust in ursprünglicher Gestalt, herausgegehen von Krich 
Schmidt. 5. Abdruck, Weimar 1901, S. XXX 
2? J. Minor (Goethes Faust, 1. Bd., Stuttgart, 1901, S. 151—152). ver- 
weist darauf, daß die Szene im „Faust“ „Nachbarinn Haus“ (Faust in ur- 
sprünglicher Gestalt S. 43 ff.) an Hans Sachs erinnere. Der Eingang ist ähn- 
lich wie in Fastnachtsspiel „Der fahrend Schüler im Paradeiß“
	        
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