Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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Entwickelung rhythmischen Empfindens nachgeprüft wird. Max 
Herrmann hat nun nachzuweisen gesucht, daß Goethe durch die 
Knittelverse, wie sie Andreas Gryphius in seinem „Peter Squenz“ 
verwendet, zu seinem Hans-Sachs-Vers gelangt sei, ausschlaggebend 
für diese Ansicht sind die verlängerten Verse.! Es 1äßt sich nun 
nicht leugnen, daß in dieser Hinsicht eine auffallende Überein- 
stimmung zwischen Gryphius und Goethe stattfindet. Aber es ist 
doch viel wahrscheinlicher, daß Goethe durch die vollständig einge- 
bürgerte Vorstellung von dem rhythmisch beweglicheren Hans-Sachs- 
Vers, wie sie dem 18. Jahrhundert eigen war, beeinflußt worden sei, 
als durch die verhältnismäßig geringe Zahl von Knittelversen, die 
der „Peter Squenz“ mit sich führt, ; 
Die Stelle im „Satyros“, wo der Einsiedler in die Hand 
bläst, um sie zu wärmen, und Satyros nach dem Grunde dafür 
fragt,2? hat man mit Hans Sachsens „Satyros und der Waldbruder“ 
in Verbindung gebracht. Doch ist bei einem so allgemeinen Zug 
Bestimmtes kaum zu sagen,? Die nicht ganz sauber klingenden Namen 
der Gesellschaft in „Hanswursts Hochzeit“, wie sie in einem Entwurfe 
vorliegen, sind in dieser Art auch bei Hans Sachs nicht unbekannt.* 
Von „Dem ewigen Juden“ erzählt Goethe selbst in „Dichtung 
und Wahrheit“, daß er ihn „mit Hans Sachsens Geist und Humor 
bestens ausgestattet“ habe.” Damit kann nur die Naivetät gemeint 
sein, mit der auch das Göttliche erfaßt wird, und der burleske 
Einschlag, der die ernste Idee durchzieht. Schon Lavater nannte 
Jiese Dichtung „ein seltsames Ding in Knittelversen“ (28. Juni 1774).% 
Doch nicht allein jenen burlesken Ton des Fastnachtsspieles, 
der sich in den Fragmenten vom „Ewigen Juden“ gelegentlich 
auch an das Göttliche heranwagt, hat Goethe als Hans Sachsens 
1 Herrmann a. a. 0. S. 92—99. 
2? Goethe, Werke, 16. Bd., Weimar, 1894, S. 80. 
3 Biedermann (Goethe-Forschungen, Neue Folge, Leipzig 1886, S. 78) 
weist auf Äsop hin, auch Wilmanns (Archiv für Litteraturgeschichte, hg. 
von Schnorr, 8, 1879, S. 296 —297) 1äßt die Sache unentschieden. 
4 Man vgl. z. B. Hans Sachs, hg. von Keller und Goetze, 14, 8. 71. 
R. M. Werner, Zeitschrift f. dt. Altert. 26 (Berlin, 1882), 289 verweist auf 
Fischart. Über diese Namen vgl. man jetzt Erich Schmid f in der Weimarer 
Goethe-Ausgabe 38, 1897, S. 439—446. 
5 15. Buch (Werke, 28, Bd., Weimar, 1890, S. 307) 
8 Goethe. Werke. 38. Bd.. Weimar. 1897. 8. 456.
	        
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