1783
schwanger werden und gebähren“ lasse, weist darauf hin, daß Hans
Sachs im’ Prologe angebe, es geschehe alles mit rechten Dingen,
und bemerkt noch, daß das Publikum in der gleichen Absicht da
sei wie der Dramatiker, nämlich im Stücke „einen Menschen“ vor
sich zu haben, „nicht eine Viertelstunde“. Die Anschauungen der
Genies fanden freilich nicht überall Beifall. Und gerade die von
Lenz herangezogene „Griselda“ des Hans Sachs wird von Johann
Friedrich Schink gegen die literarischen Kraftleistungen der Genies
ausgespielt und Hans Sachs dabei übel mitgenommen (1778).! Auf
Goethe hat Lenzens Schrift Eindruck gemacht. Dabei muß beachtet
werden, daß Lenz aus wirklicher Kenntnis Hans Sachsens schöpfte.
Diese Kenntnis wird er sich erst in Straßburg angeeignet haben,
wo man wahrscheinlich im Salzmannschen Kreise dem Meistersänger
Beachtung schenkte. In Straßburg waren ja auch zu jener Zeit noch
Träger des Meistergesanges vorhanden, erst 1780 löste sich dort
ihre Vereinigung auf. Herder, der in Straßburg so bedeutend auf
Goethe einwirkte, wird nach den Äußerungen, die einige Jahre
später von ihm vorliegen, damals kaum anregend auf Hans Sachs
verwiesen haben, wiewohl er ja die Meistersänger gelegentlich er-
wähnt* und ihm in den Siebzigerjahren auch der Knittelvers ge-
läufig war.? So ist es auch nicht wahrscheinlich, daß Herder der
1 In Schinks ohne Angabe des Verfassers erschienenem .„Marioneften-
theater“ (Wien, Berlin und Weimar, 1778), S. 38:
„Denn solchen Genies ist wie Hans Sachsen
Nichts leichter, als Kinder zeugen und wachsen
Zu machen.“ .
In einer dazugehörigen Anmerkung wird die „Griseldis“ des Hans Sachs er-
wähnt. Der war
„Ein großer Mann ein Schu ;
Macher und Poet dazu,“
wird mit einer kleinen Abweichung von dem berüchtigten Vers hinzugefügt.
Die aus dem Text ausgehobene Stelle ist gegen H. L. Wagners „Kinder-
mörderinn“ gerichtet. Hans Sachs erscheint also hier als der Ahnherr der
urkräftigen Genies, Die Stelle ist aus dem „Hans Wurst von Salzburg mit
dem hölzernen Gat“, einer im rüdesten Ton, und zwar fast durchgehends
in Knittelversen abgefaßten Satire, die das .Marionettentheater“ eröffnet.
entnommen.
2 Bei Ossian in einem Briefe an Merck (Juli 1771), (Briefe an J.
H. Merck, hg. von K. Wagner, Darmstadt, 1835, 8. 27).
3 Bielschowsky a. a. O0. S. 121; Briefe an und von dJ. H. Merck,
he. von K. Wagener. Darmstadt. 1838, S. 53 (Lenz an Merck. 14. März 1775).