Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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bedenklich erscheinen; wir können uns diese hohe Einschätzung nur 
dadurch erklären, daß Thomasius diesen Roman als eine Art prak- 
tischer Poesie angesehen haben mag. Dagegen hat er den Wert 
Hans Sachsens vollauf richtig erkannt. Schon in den „Monats- 
Gesprächen“ (1688) erscheint in dem Munde eines der Unterredner 
Hans Sachs als derjenige, der einem „armen Stümper mit seinem 
Schuster-Leisten die Pritsche geben“ soll, wenn auch die „inventiones 
und Redensarten“ in seinen Komödien zu wünschen übrig ließen.! 
Es kommt Thomasius dabei doch auf den wirklichen inneren Wert 
an. Das Reich der Poesie hat allerdings seine Grenzen und den 
Äußerungen der Poeten, seien es auch die größten, ist nur bedingter 
Wert beizumessen. Die heilige Geschichte (historia sacra) stehe daher 
höher als die Fabeln Platos und Homers. Den Homer beurteile man 
daher nicht anders als eine Koryphäe der Meistersänger: „et adeo 
Johannem Saxonem, Sutorem Noribergensem, iure meritoque suo 
ütulum Homeri Germanici sibi vindicare putamus, Homerum autem 
si absque adulatione rem consideremus, nihil sua virtute conveni- 
entius praetendere posse arbitramur, quam ut vocetur Graecorum 
Saxo, der Griechische Hanß Sachß“.? Den Vergleich zwischen Homer 
und Hans Sachs hat Thomasius besonders gerne festgehalten. Als 
er im Jahre 1717 Melchior von Osses „Testament Gegen Hertzog 
Augusto“ — eine Art Regentenspiegel — mit Anmerkungen erläutert 
herausgab, bot sich ihm wieder Gelegenheit, bei der Erwähnung 
Homers darauf zurückzukommen. Es gebe noch Gecken, die den 
Homer „gleichsam der heiligen, Schrifft“ vorziehen. Das Papsttum 
halte den Homer besonders hoch. Da sei es dann gut, solche Ver- 
kehrtheit weniger mit Ernst als mit satyrischem Scherz anzufassen. 
Die „Epistolae obseurorum virorum“ und des Erasmus , Colloquia“ 
hätten dem Papsttum mehr geschadet als Luthers Ernst. So fällt denn 
auch ein Vergleich zwischen Homer und Hans Sachs zu Gunsten 
des letzteren aus. „Wenn sich jemand darüber machen wollte, und 
den Text des Johann Sachsens. so wohl aus seinen ernsthafften 
1 Lustiger und Ernsthaffter Monats-Gespräche Anderer Theil, in sich 
begreiffend die sechs letzten Monate des 1688. Jahrs. Halle, 1688, S. 401—402. 
? Vgl. Dissertatio iuridiea de morum cum iure seripto contentione, 
quam dJoannes Fridericus Bachov, liber baro ab Echt, praeside Christiano 
Thomasio ad diem XIV. ocetobr. MDCCI examini submittit, Halae, recusa 
MDCCXLVIIL S. 20, 8 XV.
	        
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