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ich bezweifeln, die Anlage des Zimmers spricht dagegen. Sie können
nachträglich bestellt oder auch von Dürer aus eigenem Antrieb dem
Kurfürsten »geschenkt« sein.
Wir erleben nun hier das höchst interessante Schauspiel, wie
sich Dürer in der allgemeinen Anlage dem früheren Werke an-
schließt, dabei aber in einem ganz anderen Geiste arbeitet. Nichts
lehrreicher, als dies Schauspiel zu beobachten.
Komposition.
Der Aufbau schließt sich, selbstverständlich, dem Mittelstück
Unten sehen wir wieder die Brüstung.*)
Über den Heiligen blieb noch eine beträchtliche Fläche zu
füllen. Die üblichen Schemata dafür sind bekannt. Dürer wählte
statt dessen ein Geschiebe von kleinen Engeln. Diese wirken auf
den ersten Blick als reiche Formmasse, ähnlich wie auf gotischen
Schnitzwerken an gleicher Stelle das reichverschlungene Astwerk.
Zugleich entsprechen sie den Engeln im Mittelbild. Inhaltlich sind
sie in reizender Weise motiviert. Über Sebastian sehen wir einen
Engel mit dessen Attribut, einem Bündel Pfeile; außerdem hält er
eine Märtyrerkrone, die wieder auf der andern Seite ein lebhaft be-
wegter Engel anfaßt; die zwei sollen wohl nachher die Krone schön
von beiden Seiten her über Sebastians Haupt halten; zur Vervoll-
ständigung bringt ein dritter Kamerad noch ein kleines Kreuz
herbei. Rechts oben sieht man ganz kleine Zuschauer. Unten
mußte der Raum abgesperrt werden: der Akt verlangte einen dunklen
Grund, auch war der übrigbleibende Raum zu schmal, um einen
an.
*) Das Mittelstück ist bisher (wohl seit 1840) so gerahmt, daß sein unterer
Rand höher liegt als bei den Flügeln, um so viel als oben abgeschnitten ist. Kor-
rigiert man das, rückt man das Mittelstück herunter (die unteren Ränder decken sich
ziemlich genau mit den alten), so kommt die Brüstungslinie des rechten Flügels un-
gefähr in eine Höhe mit der Brüstungslinie in der Mitte (auf dem linken Flügel ist
sie verdeckt). Wesentlicher ist, daß dann auch die Stellung der Köpfe richtiger wird,
die Köpfe der beiden stehenden Heiligen kommen höher als der Kopf der gebeugten
Madonna — bei der bisherigen Anordnung stehen sie falsch und allzu gleichförmig
in einer Höhe. Für unsere Abbildung ist die Photographie vermittelst einer Redaktions:
schere korrigiert worden.