Volltext: Dürers Dresdener Altar

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Weniger: wichtig und weniger bestimmt zu entscheiden ist es, 
ob Dürer auch die Accidentien seines Madonnenmotivs dem Vor- 
bild entnommen hat. Möglich ist es, jedenfalls passen sie alle in den 
Kreis der paduanisch-venezianischen Kunst; das Stück Obst auf der 
Brüstung kennt man ja seit Squarcione; ein ähnliches Buchgestell findet 
sich etwa bei Antonellos Annunziata in der Akademie, und das kleine 
Format des Engelchens mit dem Fliegenwedel wäre wenigstens nicht 
unerhört: Crivellis schöne Madonna in Verona zeigt solche Engel 
kleinen Formats (mit den Marterwerkzeugen) unmittelbar neben dem 
größeren Christkind.*) Zudem, wenn man es dem Kindchen schon 
bequem machen wollte, mit einem Kissen, so gehörte zu diesem 
Komfort der Schutz gegen die Zanzaren in Venedig jedenfalls not- 
wendiger hinzu als in Nürnberg. 
Das Zimmer. 
Also die Brüstung, das Kissen, das Kind, die Madonna sind in 
ihren Hauptzügen dem bellinesken Vorbild entnommen, vielleicht 
auch das Buch und der kleine Engel mit dem Fliegenwedel; ohne 
freilich den rhythmischen Zusammenhang zu bewahren, den die 
einzelnen Teile im Original gehabt haben werden. Den Hinter- 
grund zu dieser venezianischen Gruppe bildet ein nordisches 
Zimmer, Bellini und seine Nachfolger geben gewöhnlich einen 
Vorhang hinter der Madonna, zu den Seiten Ausblick in die Land- 
schaft. Dagegen ist der nürnbergischen Kunst des ausgehenden 
Quattrocento das Zimmer als Hintergrund zu allen Szenen durchaus 
geläufig (selbstverständlich, da man die meisten entsprechenden 
Szenen im Zimmer zu sehen gewohnt war). Auch die besondere 
Form, daß man nämlich durch ein oder zwei Fenster in die Land- 
*) Auch dieser Zug stammt aus Padua: Mantegna gibt ja mit Vorliebe solche 
Putten kleinen Formats, freilich nicht unmittelbar neben dem Christkind; auf dem 
schönen Berliner Madonnenbild sind sie durch die trennende Rahmenleiste in eine 
andere Sphäre gerückt. Weniger geschmackvoll etwa Schiavone in seiner Turiner 
Madonna. In letzter Instanz mag auch dies Nebeneinander verschiedener Kinderformate 
auf Donatello zurückgehen, der bekanntlich darin sehr weitherzig war (am stärksten 
in dem schönen Bronzekapitäl der Prateser Außenkanzel).
	        
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