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verdrängt wurden, kann man in den Krakauer Denkmalen der Plastik deutsche Ein-
wirkungen verfolgen. Von den Königsgräbern des Domes hält sich die Tumba des
[333 verstorbenen Königs Wladislaw in Auffassung und in einer mehr konventionellen
Behandlung des im reichen Schmucke Daliegenden an die deutschen Arbeiten des
14. Jahrhunderts. Das künstlerisch bedeutsamste Königsdenkmal, durch Adel der
Form, sowie die schönen Verhältnisse des Aufbaues hervorragend, ist das Kasimirs
des Grossen, eine Tumba unter einem von schlanken Säulen getragenen Baldachin.
[ndividuelle Charakterisierung kann auch dieser Herrscherfigur nicht zuerkannt werden,
obwohl sie meist als bildnistreu ausgegeben wird. Die Verzierung der Seitenflächen
mit Maßwerk und darunter eingestellten Figuren erweist sich als ein von der Tumba
König Wladislaws herübergenommener Zug, der auch noch an dem Grabmale des
1492 gestorbenen Königs Kasimir Jagello wieder begegnet. Letzteres hält die
Baldachin-Anordnung des Grabmales Kasimirs des Grossen fest, wird aber im Archi-
tektonischen durch knorrige und geblähte F ormen stark manieriert. Manier, aber
die eines starken künstlerischen Wollens, durchdringt den figuralen Teil des reichen
Monumentes, dessen Kapitäle verschiedene Darstellungen biblischer Szenen zieren.
Energie und Leben der Bewegung, die Unruhe der überreichen Gewandung stimmen
zu den Werken des Veit Stoss, dessen Name und Zeichen sich am Denkmale finden.
Der an einem reich geschmückten Kapitäl erhaltene Name des Jörg Hueber, eines
[494 in Krakau sesshaft gewordenen Passauers, verbürgt die Anteilnahme dieses
Künstlers an der Ausführung, die vielleicht durch ihn nach einem von Veit Stoss
zelieferten Modelle erfolgte. Weit bedeutender als dies zweifellos deutschen Kunst-
schöpfungen zuzählbare Grabmal ist der berühmte Hauptaltar der Krakauer Marien-
kirche, an welchem der Nürnberger Bildschnitzer Veit Stoss von 1477 bis 1489
zearbeitet hat. Noch ist der Meister über der ungemein lebendigen Durcharbeitung
der Komposition und der Unruhe in der reichen Gewandung nicht zur Abrundung
ınd klaren Entwickelung, über der stark bewegten, nach naturalistischer Charakteri-
sierung strebenden. Darstellung noch nicht zur wahren Empfindung durchgedrungen,
die wir gerade an einigen hierorts erhaltenen Arbeiten bewundern können. Aber
viele Einzelheiten feinsinniger Züge in einzelnen Figuren, sowie Szenen zeigen, dass
Veit Stoss gerade durch diese imposante Arbeit, welche heute gleich dem St. Wolfganger
oder Blaubeuerner Altare zu den bekanntesten mittelalterlichen Altarschöpfungen
zählt, in Krakau deutsche Art und Kunst zu hohen Ehren bringen und sich selbst
sine sehr angesehene Stellung erwerben musste. Die Reliefs der Flügel eines Stanislaus-
Altars sprechen für seine weitere Beschäftigung in Krakau, für dessen Marienkirche
er auch 147 Stühle arbeitete. Dass ein Künstler von der Bedeutung des Veit Stoss
natürlich andere Fachgenossen anregen und beeinflussen mochte, beweist der von
[518 stammende Johannesaltar der Florianikirche, dessen Mittelstück, die Entzückung
des Täufers in der Wüste, sowohl in der überaus starken Bewegung als auch in der
Unruhe der reichen, knitterig gefalteten Gewandung ganz den Geist des N ürnberger
Meisters atmet. Die Eigenart des unbekannten Künstlers, dessen stilistische Fort-
schritte die feingebildeten Säulchen der Mittelstücksumrahmung erkennen lassen,
spricht aus den ungleich gearbeiteten Flügelbildern mehr als aus der Predigt und
Taufe in der Wüste, aus dem Tanze der Tochter der Herodias und aus der Ent-
hauptung des Johannes, Die beiden letztgenannten Szenen bieten in einzelnen Figuren
einen Adel der Auffassung, eine Eleganz der Bewegung und fast klassisch - ruhigen
Fluss der Gewandung, welche gegen Veit Stoss ein freieres, stilvolleres Empfinden