Volltext: Offizieller Bericht über die Verhandlungen des Kunsthistorischen Kongresses zu Nürnberg

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Seife mit Wachs und giessen reichlich Wasser zu. Mit dieser Flüssigkeit wird die 
abgeschliffene Wand mehrmals überstrichen und mit den erwärmten Eisen „gebügelt“, 
bis Glanz entsteht; zum Schluss wird mit wollenen oder leinenen Lappen abpoliert. 
Das sind ja beinahe dieselben Operationen wie bei der 
Kausis! Der Stucco lustro, ein directer Nachkomme der so 
gesuchten Technik der alten Griechen und Römer! 
Meine Ansicht wurde mir kürzlich bestätigt. Durch Herrn Professor v. Lützow- 
Wien erfuhr ich, dass der berühmte Erbauer des neuen Wiener Parlamentshauses, 
Theophil Ritter von Hansen, bei diesem Bau Stuccoarbeiten durch den dort angesie- 
delten Italiener Detoma ausführen liess, und dass sich dieser zur Ausführung von Figuren 
und Ornamenten einer solchen Wachsmischung bedient haben muss. v. Hansen, 
der bedeutende Kenner antiker Kunst, wäre immer der Ansicht gewesen, dass 
die alten Malereien keine Fresken sind.und dass die Technik eher Ähnlichkeit mit dem 
Stucco lustro haben dürfte. Mit Freude ersehe ich, dass meine Ansicht mit der 
des berühmten Architekten übereinstimmt! 
Im Gegensatze zur Malerei mit punischem Wachs, welches auf Wandflächen 
30 eminente Dienste leistete, das zur Verwendung auf anderer Unterlage, wie Holz 
oder .Vergoldung, aber noch eines weiteren Bindemittels (Ei oder Leim) bedarf, 
steht die Verwendung des natürlichen Bienenwachses bei der Enkaustik. 
Über diese Art der alten Technik war man bis jetzt noch mehr im unklaren 
wie bei der Wandmalerei; aus den bekannten, nicht besonders klaren Textstellen 
des Plinius etc, konnte man sich keinen rechten Begriff machen, und da überdies 
Funde bis vor kurzer Zeit nicht vorhanden waren, so kam man von einer Hypothese 
zur andern, indem man sich stets an etymologische Kombinationen festklammerte. 
Glücklicherweise sind wir durch zwei Funde in die Lage versetzt, sicherere Anhalts- 
punkte zur Rekonstruktion zu gewinnen. Es sind dies: 
I. Der Gräberfund von St. Medard-des-Pres im Jahre 1847, 
welcher ein vollständiges Malerwerkzeug zu Tage förderte und bis jetzt unrichtig 
>der nicht mit allen Konsequenzen gedeutet wurde. 
Il. Die Funde von El-Fayum in Oberägypten, unter dem Namen 
Grafsche Porträtgallerie aus hellenistischer Zeit allgemein bekannt, 
Ich will Sie zuerst mit dem ersten Fund näher bekannt machen und voraus- 
schicken, dass ich die dort gefundenen Instrumente für enkaustische und nur für 
diese Malweise geeignet halte, und dass sich mit Hilfe solcher Instrumente in 
Verbindung mit den von Chevreul an dort gefundenen Farbresten chemisch nach- 
gewiesenen Substanzen enkaustische Porträts. wie sie die Graf’schen Funde zeigen, 
nachmachen lassen. 
Die folgenden Details sind dem Buche von Fillon: „Description de la villa et 
du tombeau d’une femme artiste Gallo-Romaine, de&couverts A St. Medard-d&s-Pres. 
Fontenay 1849“ entnommen, und finden Sie die Abbildung der gefundenen Utensilien 
in meinen Ihnen eben vorgelegten Beiträgen zur Entwickelungsgeschichte der 
Maltechnik (Seite 36 und 37). 
Hier der Fundbericht: In der einen Ecke des Grabes fand sich ein Sarg 
mit einem Frauenskelett. Rings um diesen standen 80 Glasgefässe, 
der Form und Grösse nach verschieden; in den meisten fanden sich Farbenreste. 
In der anderen Ecke standen sechs grosse irdene Amphoren und einiges 
anderes Thongeschirr. In der gegenüberliegenden Ecke Reste eines hölzernen
	        
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