Full text: Offizieller Bericht über die Verhandlungen des Kunsthistorischen Kongresses zu Nürnberg

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wenn die so praktischen Alten Solche Vorteile nicht weiter 
ausgenützt hätten! 
Die obigen Angaben des Vitruv sind deutlich genug und fordern direkt zum 
Nachmachen der Anweisung heraus. Nach der F ertigstellung der Wandbekleidung, 
welche bereits geschildert wurde, handelt es sich zunächst um die genaue Her- 
stellung des „punischen Wachses“. Über die Natur desselben und die Zubereitung 
sind wir glücklicherweise durch Plinius (XXI, 83) aufs genaueste informiert. Die 
Bereitung ist darnach folgende: Das gelbe Wachs wird mehrmals in Meerwasser 
und überdies mit Nitrum i. e. kohlensaurem Natron gekocht; die Masse schäumt 
stark auf, und wenn man stets das oberste abschöpft und in ein Gefäss mit 
kaltem Wasser schüttet, so entsteht dabei eine Form, die sich für die darauf- 
folgende Bleiche sehr gut eignet. Nach dem Bleichen wird es schliesslich noch- 
mals gekocht und ist dann für den Gebrauch fertig; es entsteht dadurch eine 
vollkommen homogene weisse Masse, welche die Konsistenz von weicher Butter 
hat und sich in jedem Verhältnis in kaltem wie warmem Zustand mit Wasser 
mischen lässt, Plinius schliesst das Kapitel wie folgt: „Das punische Wachs ist 
sehr nützlich für Arzneimittel. Mit Papierasche färbt man es schwarz, mit 
Anchusawurzel rot. Mit den verschiedenen Farbstoffen wird es gemischt, um 
Ebenbilder damit zu färben, auch dient es zu unzähligen Zwecken der Menschen, 
auch zum Schutze der Wände und Waffen *). 
Aber was allen Wiederherstellern des punischen Wachses, von Bachelieı 
angefangen bis Calau, Walter, Donner etc., entgangen ist, ist die merkwürdi ge 
Eigenschaft des punischen Wachses, sich mit dem Kalk der 
Mauer zu einer unlöslichen Verbindung zu erhärten! Das Resultat 
war für mich selbst so überraschend, dass ich einige befreundete Chemiker befragte 
ınd ihnen die Versuche zeigte. Es ist wirklich so, die Thatsache zweifellos 
richtig; es entsteht durch die Verbindung der Wachsseife mit dem Kalk eine in 
Wasser unlösliche Masse — eine sogen. Kalkseife! Darauf beruht also 
die „Kausis“, darauf muss auch die grosse Haltbarkeit deı 
pompejanischen „Fresken“ zurückgeführt werden; das ist 
ler „Schutz der Wände“ und der „Panzer von punischem Wachs“, 
welche Plinius in Übereinstimmung mit Vitruv erwähnt! 
Stimmen aber auch die chemischen Untersuchungen, welche die Abwesenheit 
von Wachs, Harz etc. in den pompejanischen Wandmalereien konstatiert haben, 
mit dem Obigen überein? Das wäre doch die erste Bedingung, die conditio sine 
qua non für das ganze aufgestellte System? Auf diese Frage, welche ich ebenso 
den zu Rate gezogenen Chemikern vorgelegt habe, ist folgendes die Antwort: 
*) „Ad edendas similitudines‘“ übersetzt Donner: um Bildnisse (Porträts) damit zu malen, 
wie mir scheint, etwas willkürlich; er will dadurch die Verwendung des punischen Wachses für 
enkaustische Porträts erklären; mir dünkt jedoch durch den deutlichen Hinweis am Schlusse 
des Kapitels bei Plinius, dass das punische Wachs zum Schutze der Wände und 
Waffen diene, der Gebrauch sehr verallgemeinert; überdies ist die Enkaustik auf Wänden 
nicht gebräuchlich, wie aus Plinius XXXV, 49 deutlich hervorgeht. Wenn demnach Herr 
Donner das punische Wachs hauptsächlich zur Enkaustik der Porträts verwendet wissen will, 
so steht das in direktem Widerspruch mit dem eben Zitierten, wonach punisches Wachs zum 
Schutz der Wände und zur Kausis dient. Ist Enkaustik (d. h. Cestrumenkaustik und Schiffs- 
enkaustik) auf Wänden nicht gebräuchlich, so kann auch das punische Wachs 
nicht zu derselben verwendet worden sein!
	        
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