Volltext: Die Bergfestung Rothenberg

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Erinnerungen schwelgend, behaglich bemerkte — saß ein 
unbändig langer und dürrer, noch sehr junger Artillerie— 
Cadet-Corporal, unser guter Vetter Karl, Kommandant 
der gesammten Festungs-Artillerie (2 Sechspfünder und 
12 Kanoniere) — und ließ sich's bei einem frischen Glas 
Milch und Butterbrod wohl schmecken. Neben ihm ruhte 
sich ein sehr bestaubter, bescheidener, erhitzter, gutmüthiger, 
schüchterner, etwas unbehilflicher Stadtherr aus, dem man 
den fleißigen, gewissenhaften Kupferstecher und Zeichner von 
Beruf kaum ansah; Schirm, Stock, Hut und große aufgebauschte 
Mappe von Pappe lagen im Gras, mächtig begackert vom neu— 
gierigen Hühnervolk und vorsichtig beschnuppert von Schiffers 
Spitz — einem der selteneren ächten Schäferhunde —, den nur 
ein kräftiger Pfiff seines umsichtigen Herrn von noch Aergerem, 
Unheilvollerem abhielt. Der Künstler war des Kommandanten 
Einladung, ein paar Wochen auf der Festung zu bleiben und 
deren An- und Umsichten mit Stift und Griffel zu verewigen, 
gern gefolgt und lauschte andächtig den vorläufigen orts— 
kundigen Schilderungen des freundlichen Kadetten. 
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Ja, der Rothenberg; damals, vor sechzig Jahren, sah er 
freilich erfurchtsgebietender aus mit seinen ziegelbedachten 
Gebäuden, dem Kirchthürmlein, den wohlgepflegten Bastionen 
mit runden massiven Eck-Auslugern unter Kupferdach und 
— was so herrlich war — ringsum Busch und Wald und 
Schlucht und Fels, aus denen in schroffen, scharfen Linien 
die gewaltigen Mauern mit dem furchtgebietenden Gürtel 
gähnender Kanonenluken ragen. 
Wir betreten den Festungshof, von hohen Gebäuden 
eingefaßt, und zwar, vom Thor aus gesehen, zur Linken, 
alles solid, derb und zweistöckig, das Haus Nr. 5 mit 
Artilleriekaserne, Marketenderei, der Schanzerkaserne im 
Erdgeschosse, dem Ouartier der sogenannten Staatsgefangenen 
und dem Auditoriat. Ganz rückwärts, im Eck eingezwickt, 
führt ein schmal Thürlein nach Nummer Sicher, nicht sehr 
beliebt bei solchen, deren Brustfleck nicht sauber. Daneben 
hauste der Herr Profoß, der in so vielen Nebenstunden auch
	        
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