170 B. Besonderer Teil. II. Missetaten an Leib und Leben.
halten, mit den Glocken läuten, sofern sich Diebsrotten zeigen,
jeden Zigeuner, dessen sie nicht habhaft werden, töten. Vor-
nehmlich Einöden und entlegne Gehöfte sind zu beschirmen, zu
diesem Behufe auch durch Forstleute die Schlupfwinkel der Gauner
in den Wäldern ausfindig zu machen,
Bei solchem Kesseltreiben im gesammten Kreise unter Bei-
hilfe der Nachbarterritorien ist es nicht zu verwundern, dafs dem
Zigeunerunwesen nachdrücklichst gesteuert wird, dabei freilich
auch manch harmloser Bettler die grausamste Behandlung erfährt.
In den dreilsiger Jahren werden noch mehrere Zigeuner gerädert
und (weibliche) enthauptet.’) Dafs derartige Exekutionen sich des
besondern Beifalls der Bevölkerung erfreuen, ist selbstverständlich;
1733 schiebt man nachts an zweihundert Leiterwägen als be-
wegliche Tribünen vor den Rabenstein, deren Betreten nur gegen
Geld verstattet wird, Als grauenvolle Galgenpoesie berichtet man
uns, dafs eine Zigeunerin vor ihrer Richtung einen Straufs auf
das Rad ihres Geliebten stecken hiefs.
[I]. Missetaten an Leib und Leben.
1. Tötungen.
a. Totschlae.
Noch lange erfreute sich also die Fehde der Duldung, wenn
auch unter Beschränkungen, welche dem Rat die Möglichkeit ver-
liehen, den Feindseligkeiten rasch Abbruch zu tun. Zu einem
strikten Verbot der Fehde an sich war das Stadiregiment des
14. Jahrhunderts machtlos. Hätte es sich unterfangen, diesem
altgeheiligten Recht des Volkes in das Antlitz zu schlagen, es
hätte die Fähigkeit erweisen müssen, jeder Selbsthilfe durch
energische Schirmung aller Hilfsbedürftigen und Bedrohten Schweigen
gebieten zu können. Tötung und Verwundung, welche sich —
nur im Erfolge verschieden — als ein und dasselbe Delikt charakte-
risierten, riefen demgemäls nur unter gewissen Voraussetzungen
Strafwürdiekeit hervor.
7) Mfzb. 1788.