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eingefunden hatten. Eine ähnliche Erinnerungsfeier führte zwei Jahre
später den Regenten und die Prinzen der königlichen Familie nach Regens—
burg, wo am 25. August (1890) das von dem boahyerischen Landtage
errichtete Marmorstandbild Ludwigs J. in der Walhalla in Anwesenheit
einer glänzenden Versammlung enthüllt wurde.
Wiederum traten Ereignisse ein, bei welchen sich die dankbare Liebe
und Verehrung, sowie die herzliche Teilnahme für die Geschicke des Prinz—
regenten und des Königshauses nicht nur in Bayern, sondern weit über
die Grenzen desselben hinaus im schönsten Lichte offenbarte. Am 17. Mai
1889 entschlief die Königinmutter Marie auf dem Schlosse Hohenschwangau,
wo sie an der Seite ihres Gemahls, des Königs Max II, als Gattin und
Mutter so viele schöne Tage verlebt hatte. Auf jene Tage waren jedoch
Zeiten bitteren Herzeleids gefolgt. Das Schicksal riß den königlichen
Gatten in seinen besten Mannesjahren von ihrer Seite und stürzte ihre
beiden hoffnungsvollen Söhne, an denen sie mit mütterlichem Stolze
gehangen hatte, in unheimliche, unheilbare Krankheit. In demütiger Er—
gebung trug sie ihr schweres Los und suchte Trost in unermüdlicher Pflege
der Armen und Kranken. In den letzten Tagen ihres Lebens war ihre
Nichte, Prinzessin Therese, stets in ihrer Nähe, und auf ihren Wunsch
eilte auch ihr geliebter Schwager Luitpold an ihr Krankenbett, um ihr zum
letzten Male die Hand zu drücken. Ihre sterbliche Hülle wurde unter
allgemeiner Teilnahme in der Theatinerkirche zu München an der Seite
ihres seligen Gemahls beigesetzt.
Im folgenden Jahre entging Prinzregent Luitpold einer großen
Gefahr. Am 27. Juli (1890) unternahm er in Begleitung des Obersten
Freiherrn von Zoller die gewohnte Spazierfahrt nach Nymphenburg.
Sein Wagen überschritt eben das Geleise der Dampftrambahn. In
demselben Augenblicke brauste der Zug heran, und die Maschine zer—
trümmerte das linke Hinterrad, so daß der Wagen umfiel und der Prinz-
regent mit seinem Begleiter herausgeschleudert wurde. Glücklicherweise
blieben beide trotz des jähen Sturzes unversehrt. Der Zugführer und
Luitpolds Kutscher hatten den Zusammenstoß verschuldet. Dem Edelmut
des Regenten verdankten jedoch beide, daß ihnen jede Strafe er—
lassen blieb.
Wie bei seiner glücklichen Errettung aus naher Todesgefahr, so
empfing Prinzregent Luitpold im nächsten Jahre (1891) aus Anlaß seines
siebzigsten Geburtstages am 12. März von allen Fürsten Europas, vor
allem aber von dem bahyerischen Volke, die herzlichsten Glückwünsche.
Es war ein hoher Freudentag, der im ganzen Königreiche, besonders aber
in der Hauptstadt, durch festliche Veranstaltungen aller Art gefeiert wurde.
In allen Schulen des Landes fanden besondere Festakte für die Jugend