Vorwort.
ESine unerläßliche Vorbedingung der gesunden Entwicklung moderuer
Broßstädte ist die zweckentsprechende Ausgestaltung des Straßenbahn—
wessens. Das eine ist ohne das andere heute gar nicht mehr denkbar.
Die zweckmäßige Anlage von Straßenbahnlinien ist geeignet, in kürzester
Zeit neue Stadtteile entstehen zu lassen, wie auch alten, von dem Zuge
des Verkehrs gemiedenen und darum stagnierenden Stadtteilen zu
neuem Leben und neuem Aufschwung zu verhelfen. Die Stadt Nürnberg
oder vielmehr die beiden Schwesterstädte Nürnberg und Fürth,
welche ja hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse als eine GSinheit zu
betrachten sind, haben in fast allen Beziehungen seit den letzten 20 Jahren
eine überraschend günstige, großzügige Entwicklung durchgemacht und ihre
BSevölkerungszahl nahezu verdreifacht, so daß sie heute schon weit über
300 000 Bewohner zählen, hinsichtlich des Straßenbahnwesens aber sind
sie rücksständig geworden, bezw. fast auf dem Standpunkte von 1882
stehen geblieben. Volkreiche, neu erstandene VPorstädte mit Zehntausenden
von Bewohnern sind noch immer nicht an den Straßenbahnverkehr
angeschlossen und werden so in ihrer weiteren Entwicklung gehemmt,
während ausgedehnte, einst stark belebte Bezirke der inneren Stadt
Mangels der nötigen Straßenbahnlinien veröden und ihren Immobilienbesitz
entwertet sehen. Wie könnte das auch anders sein, da Nürnberg und
Fürth zusammen heute erst über 24 Kilometer Straßenbahnlinien verfügen,
also wenig mehr als vor 20 Jahren, während andere deutsche Städte von
zleicher Größe und ähnlichen Verkehrsbedingungen wie Köln, Frankfurt a. M.,
Leipzig, Hannover, Elberfeld u. s. w. die Zahl von fünfzig, ja bhundert
Straßenbahnkilometern überschritten haben.
Auf die Gründe, warum es in Nürnberg-Fürth mit der
Entwicklung des Straßenbahnwesens nicht vorwärts gehen will, können wir
dier nicht alle eingehen. Zum größten Teile werden sie im Laufe der
nachfolgenden Ausführungen berührt. Zugegeben sei, daß auf diesem
Bebiete beinahe alle größeren Städte große Schwierigkeiten überwinden
and kostspielige Erfahrungen sammeln haben müssen. Süchließlich sind sie
aber alle über den toten Punkt hinweggekommen, nur wier haben
denselben bis jetzt noch nicht überwinden können. Seit s3 bis 4 Jahren
kann die Nürnberg-Fürther Straßenbahufrage absolut nicht vom Flecke
rücken. Zuerst wurden zwei Unternehmer-Gesellschaften, die sich für den
Ausbau neuer Linien interessierten, auf bisher nicht recht klar gestellte Art
von ihrem Vorhaben abgebracht, dann rückte endlich die Nürnberg-Fürther
Straßenbahngesellschaft mit ihrem Vorschlag der bekannten „vier Wege“