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theilt, es näherten sich Windhunde dem Walde, will Reinecke fliehen, und
da ihn der Hahn verspottet, meint er:
„Der Fried, der jetzt ist aufgericht,
Möcht diesen Jagdhunden allein
Ftwän noch nicht verkündet sein.“
Bevor wir die Besprechung der Spruchgedichte schließen, sei noch
hervorgehoben, daß Hans Sachs hier, dem Zuge der Zeit und dem eigenen
Drange folgend, die Moral in noch breiterer, oft weitschweifiger Weise
zum Ausdruck bringt, als in den Meisterliedern, indem er seiner Historia,
dem Schwanke, der Fabel regelmäßig einen „Beschluß“ mit der Lehre
anhängt. Wer dies einfach als abgeschmackt und lächerlich verurtheilt,
dem fehlt eben das Verständniß für die Anschauungen und Neigungen
jener Zeit; wer sich jedoch die Mühe gibt, die Zeit und den Dichter zu
verstehen, der wird hinter der breiten, mitunter ungefügen Schale auch
den süßen Kern finden.
Wir haben nun noch die Aufgabe, der Thätigkeit Sachsens auf
dem Gebiete des Dramas zu gedenken. Die aus zahlreichen Meisterliedern
und Spruchgedichten, die in Gesprächsform verfaßt sind (Sachs unter—⸗
scheidet unter den letzteren Gespräche, Kampfgespräche, Klagegespräche), so
klar hervorgehende Vorliebe für den Dialog mußte den Dichter zur Pflege
des Dramas führen. Die vom 30. April 1534 datirte Dichtung über
den Streit zwischen Jupiter und Juno, ob Weiber oder Männer zum
Regiment tauglicher seien, nennt Sachs Comedia oder Kampfgespräch.
Er begann seine Thätigkeit auf diesem Gebiete mit dem Faftnachtsspiel
„Das Hofgesind Veneris“ (1517), welchem im nächsten Jahre ein zweites
„Von der Eigenschaft der Lieb“ folgte. Verschiedene Umstaͤnde, besonders
die reformatorische Bewegung, hemmten in den nächsten Jahren jede poetische
Thätigkeit Sachsens, und so entstand auch sein nächstes dramatisches Werk
erst 1527 (die Tragödie von der Lucretia), und auch in den nächsten
zwei Jahrzehnten bringt er nur wenig zu Stande. Erst nachdem er das
50. Lebensjahr vollendet hatte, erreichte seine dramatische Wirkfamkeit ihren
Höhepunkt und weist dieselbe beispiellose Fruchtbarkeit auf, wie in der er—
zählend-lehrhaften Dichtung. Hiezu trug gewiß auch viel bei die in das
Jahr 1550 fallende Erbauung des ersten deutschen Schauspielhauses zu
Nürnberg. Im Jahre 1550 verfaßte er 13, in den Jahren 1551 und
1556 je 18, 1553 19, 1557 15 dramatische Werke, worauf wieder
eine Abnahme eintritt. Die letzten (3) selbständigen Dramen (aus dem
Jahre 1563) sind Fastnachtsspiele wie Sachsens erstes Werk, sein letztes
dramatisches Werk überhaupt ist eine 1567 nach Térentius verfaßte
Komödie. Die Zahl seiner dramatischen Werke gibt Sachs selbst auf
208 an und unterscheidet dieselben in Tragödien, Komödien, Spiele und
Fastnachtsspiele. Die charakteristischen Unterschiede zwischen Tragödie und
Komödie sind ihm jedoch ebenso fremd, wie das richtige Verständniß für
das innere Wesen des Dramas. In dem oft genaunten „Valéte“ will