haltes übten einen höchst heilsamen Einfluß aus auf die Gesinnung der
Mitbürger und Zeitgenossen, um so mehr, als die anderen Meistersänger
dieser Zeit diesem Beispiele folgten. Um aber den Meistergesang vor Ein—
seitigkeit zu bewahren, wendet sich Sachs bald auch weltlichen Stoffen zu.
In seiner einfachen, schlichten Weise behandelt er zahlreiche sinnige Sagen
und Mythen des classischen Alterthums. Ovid, Livius, Plutarch und andere
Schriftsteller des Alterthums liefern ihm zahlreiche Stoffe zu Meisterliedern
sowie zu Dichtungen anderer Art. Nach Aesop find außer vielen Thier—
fabeln die Lieder verfaßt: „Das Heilthum“, worin ein Kaufmann, dessen
Anwesen zurückgeht, belehrt wird, wie er wieder emporkommen kann, ferner
„Der singende Schuster zu Lübeck“, ein Vorläufer des beliebten Liedes
Hagedorns „Johann, der muntere Seifensieder“. Nach dem Buch der
Weisen führt er uns ein Bild des menschlichen Lebens“ vor, das Rückert
in der bekannten Parabel ‚Es ging ein Mann im Syrerland“ später
allgemein bekannt gemacht hat; ebendaher rührt die schöne Parabel „Das
Todtenerwecken“. Die Boten des Königs von Edom suchen auf einem
Berge in Indien nach wunderbaren Kräutern, aus denen man eine Salbe
berciten könnte, mittelst der man Todte in's Leben zurückzurufen vermöchte.
Ein indischer Weiser belehrt sie jedoch, unter dem Berge seien die indischen
Gelehrten zu verstehen, die Kräuter seien deren Werke, Die Todten bedeuten
die Jugend, die durch das Studium gelehrter Schriften zu wahrem, gei—⸗
stigem Leben erweckt werde.
Auch die am Ausgange des Mittelalters und zu Sachsens Zeiten
verbreiteten Dichtungen liefern Stoffe zu Meistergesängen. So Sebastian
Brants Fabeln zu den Liedern: „Der verstorbene Narr“, welches lehrr,
wie der Fromme und Einfältige gar viel leiden muß, „Der falsche No—
tarius“, gegen die listigen Rechtsverdreher gerichtet, die den Proceßsüchtigen
Beld erpressen, „Der König von England mit den Bauern“, worin der
König von den Bauern die Lehre empfängt, daß der Wirth stets Herr
sein solle in seinem Hause. Paulis Schriften bilden die Quelle zu den
Liedern: „Der kranke Edelmann“. Der nach einem lafsterhaften Leben
dahinsiechende Edelmann wird von einem Narren belehrt, wie unklug es
sei, wenn man nichts in's Jenseits vorausschicke, wovon man dort leben
könne. „Der Edelmann mit dem Gottesknecht“, das die Bestrafung eines
hoffärtigen, prunkliebenden Abtes zum Gegenstande hat. Auch zu manchem
schalkhaftem Liede haben Paulis Erzählungen den Stoff geliefert; so zu
„Der bösen Weiber Zungenlösen“, wornach des bösen Weibes Zunge in
Ermannglung des heilsamen Kirschenwassers durch Kirschenholz (Prügel)
gelöst wird.
Die lustigen Streiche Eulenspiegels werden dargestellt in einer ganzen
Reihe von Meisterliedern; eines derselben „Der Henkersteg“, trägt locale
Färbung: die Nürnberger Stadtknechte lassen sich von Eulenspiegel foppen
und plumpsen in die Pegnitz.
Boccaccios beliebte Werke benützte Sachs zu zahlreichen Liedern
ernsten und heiteren Inhaltes. Von ersteren seien erwähnt jene, welche