Volltext: Hans Sachs

haltes übten einen höchst heilsamen Einfluß aus auf die Gesinnung der 
Mitbürger und Zeitgenossen, um so mehr, als die anderen Meistersänger 
dieser Zeit diesem Beispiele folgten. Um aber den Meistergesang vor Ein— 
seitigkeit zu bewahren, wendet sich Sachs bald auch weltlichen Stoffen zu. 
In seiner einfachen, schlichten Weise behandelt er zahlreiche sinnige Sagen 
und Mythen des classischen Alterthums. Ovid, Livius, Plutarch und andere 
Schriftsteller des Alterthums liefern ihm zahlreiche Stoffe zu Meisterliedern 
sowie zu Dichtungen anderer Art. Nach Aesop find außer vielen Thier— 
fabeln die Lieder verfaßt: „Das Heilthum“, worin ein Kaufmann, dessen 
Anwesen zurückgeht, belehrt wird, wie er wieder emporkommen kann, ferner 
„Der singende Schuster zu Lübeck“, ein Vorläufer des beliebten Liedes 
Hagedorns „Johann, der muntere Seifensieder“. Nach dem Buch der 
Weisen führt er uns ein Bild des menschlichen Lebens“ vor, das Rückert 
in der bekannten Parabel ‚Es ging ein Mann im Syrerland“ später 
allgemein bekannt gemacht hat; ebendaher rührt die schöne Parabel „Das 
Todtenerwecken“. Die Boten des Königs von Edom suchen auf einem 
Berge in Indien nach wunderbaren Kräutern, aus denen man eine Salbe 
berciten könnte, mittelst der man Todte in's Leben zurückzurufen vermöchte. 
Ein indischer Weiser belehrt sie jedoch, unter dem Berge seien die indischen 
Gelehrten zu verstehen, die Kräuter seien deren Werke, Die Todten bedeuten 
die Jugend, die durch das Studium gelehrter Schriften zu wahrem, gei—⸗ 
stigem Leben erweckt werde. 
Auch die am Ausgange des Mittelalters und zu Sachsens Zeiten 
verbreiteten Dichtungen liefern Stoffe zu Meistergesängen. So Sebastian 
Brants Fabeln zu den Liedern: „Der verstorbene Narr“, welches lehrr, 
wie der Fromme und Einfältige gar viel leiden muß, „Der falsche No— 
tarius“, gegen die listigen Rechtsverdreher gerichtet, die den Proceßsüchtigen 
Beld erpressen, „Der König von England mit den Bauern“, worin der 
König von den Bauern die Lehre empfängt, daß der Wirth stets Herr 
sein solle in seinem Hause. Paulis Schriften bilden die Quelle zu den 
Liedern: „Der kranke Edelmann“. Der nach einem lafsterhaften Leben 
dahinsiechende Edelmann wird von einem Narren belehrt, wie unklug es 
sei, wenn man nichts in's Jenseits vorausschicke, wovon man dort leben 
könne. „Der Edelmann mit dem Gottesknecht“, das die Bestrafung eines 
hoffärtigen, prunkliebenden Abtes zum Gegenstande hat. Auch zu manchem 
schalkhaftem Liede haben Paulis Erzählungen den Stoff geliefert; so zu 
„Der bösen Weiber Zungenlösen“, wornach des bösen Weibes Zunge in 
Ermannglung des heilsamen Kirschenwassers durch Kirschenholz (Prügel) 
gelöst wird. 
Die lustigen Streiche Eulenspiegels werden dargestellt in einer ganzen 
Reihe von Meisterliedern; eines derselben „Der Henkersteg“, trägt locale 
Färbung: die Nürnberger Stadtknechte lassen sich von Eulenspiegel foppen 
und plumpsen in die Pegnitz. 
Boccaccios beliebte Werke benützte Sachs zu zahlreichen Liedern 
ernsten und heiteren Inhaltes. Von ersteren seien erwähnt jene, welche
	        
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