Volltext: Die Schweden in Nürnberg

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Völlig fremd erwiderte das junge Mädchen und bereits halb 
das Gesicht zu ihren Freundinnen gewendet: „Ich bitte.“ Dann 
folgte sie ruhig den bereits Vorausgegangenen. 
Obgleich Helenas fremdes und kaltes Benehmen, dessen 
Absichtlichkeit Schlippenbach sofort erkannte, ihm rätselhaft 
erschien und ihn tief verletzte, gab er sich die denkbarste Mühe, 
seine Verstimmung zu verbergen, und verwickelte Khevenhiller in 
ein Gespräch, während Crailsheim die andern schwedischen 
Kavaliere in eine Unterhaltung mit den jüngeren Töchtern des 
Hauses zog. 
Konrad Königsmark aber hatte es so geschickt einzurichten 
verstanden, daß er neben Eva Jörger, seiner heimlichen Flamme, 
ging. Er benutzte sofort die Gelegenheit, seinem Bedauern Aus— 
druck zu geben, daß er die junge Dame nicht auf dem Rat—⸗ 
haussaal gesehen habe. 
„Meine Eltern leben sehr zurückgezogen; außerdem wünscht 
mein Vater nicht, daß ich bereits in diesem Jahr öffentliche Lust— 
harkeiten besuche. Er meint, ich hätte noch Zeit.“ 
Trotzdem das junge Mädchen über Helena sich innerlich 
beunruhigte, konnte sie bei den langen Beteuerungen des Junkers, 
wie grausam es sei, sie der Gesellschaft entzogen zu haben, kaum 
ernsthaft bleiben, und als dieser nun gar auf die neuliche Scene 
am Fenster anspielte, verbiß sie mit Mühe ein lautes Auflachen, 
blieb deshalb die Antwort schuldig und sah zu Boden. Königs- 
mark natürlich deutete dies zu seinen Gunsten und glaubte 
annehmen zu müssen, Eva sei durch seine bestechende Persönlich— 
keit befangen. Er wollte sich aber Gewißheit verschaffen, ob er 
wohl schon damals einen größeren Eindruck gemacht habe, und so 
fragte er denn ziemlich siegesgewiß: 
„Und darf ich mich erkundigen, ob ich heute sogleich von 
Ihnen, mein Fräulein, wiedererkannt worden bin?“ 
„Wiedererkannt?“ Eva hob die Augen und schaute ihn 
fragend an, fast wäre sie herausgeplatzt. 
Einigermaßen aus seiner Sicherheit gebracht, fuhr Konrad 
fort: „Aber mein Fräulein, ich gestattete mir doch vor wenigen 
Tagen, Ihnen ein Kompliment von meinem Fenster aus zu 
machen, als Sie bei Ihrer Freundin, Fräulein von Praunfalk, 
waren.“ 
„Von Ihrem Fenster aus? Ich ahne nicht, wo das ist, Herr 
oon Königsmark.“ Eva log wirklich allerliebst.
	        
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