Volltext: Die Schweden in Nürnberg

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Da plötzlich fingen die Glocken an zu läuten, und von den 
Wällen der Stadt donnerten die Kanonen ihren Willkommengruß 
dem Neffen Gustav Adolfs entgegen. 
Alles eilte an die Fenster oder machte lange Hälse auf der Straße. 
„Sie kommen, sie kommen,“ schallte es den Harrenden ent— 
gegen, und bald gewahrte man die Spitze des Zuges. 
Gar prächtig trat der Pfalzgraf aber auch auf und sein 
zahlreiches Gefolge nicht minder. 
Vom Neumarkte her, zum Frauenthore herein, in einem mit 
sechs Spiegelschimmeln bespannten Wagen, den Feldmarschall 
Wrangel zur Seite, umgeben von Pagen zu Fuß, Hofbeamten, 
Offizieren zu Pferde und einer starken Abteilung Reiter, hielt er 
seinen Einzug. Dann bewegte sich der Zug langsam, nachdem 
der Fürst von dem Rate der Stadt feierlich begrüßt worden war, 
den Roßmarkt herauf bis zu seinem Absteigequartier. 
„Seht!“ rief plötzlich Eva Jörger etwas laut ihren beiden 
Freundinnen zu, „seht die beiden Kavaliere dort, gleich hinter 
dem Wagen des Herrn Pfalzgrafen; ich meine, sie sind die schönsten 
und prächtigsten des ganzen Zuges!“ 
„Willst Du wohl nicht so laut schreien,“ verwies Eleonore 
Felicitas sie unwillig. „Was sollen die Herren davon denken?“ 
Aber die Warnung kam bereits zu spät; durch den Ausruf 
der jungen Dame aufmerksam gemacht, blickte der eine der 
Offiziere zum Erker empor. 
„Schau, Christoph Karl,“ meinte er, „das ist das Schönste, 
was wir bisher von Nürnberg gesehen haben,“ und artig grüßend 
zog er seinen Hut. 
Der Angeredete hatte schon längst mit den Augen das 
Praunfalksche Haus gesucht und keinen Blick davon verwandt. 
Eher als sein Begleiter bemerkte er daher das hübsche Bild im 
Erker. Er warf einen feurigen Blick zu Helena Elisabeth hinauf 
und senkte seine federgeschmückte Kopfbedeckung bis zum Knie. 
Die drei jungen Damen aber zogen sich, verlegen die Grüße 
erwidernd, vom Fenster zurück. 
„Du bist unverbesserlich mit Deinem unüberlegten Wesen, 
Eva,“ schalt Eleonore Felicitas nun ernstlich böse. „In welch 
peinliche Lage hast Du Uns jetzt gebracht! Ich glaube, auf dem 
Bankett im Rathaussaale werde ich gar nicht wagen, einen der 
Herren anzuschauen, aus Besorgnis, es könnte einer der beiden 
Kavaliere sein.“
	        
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