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Für die Aethernarcose hat sich noch keine solche Uebereinstimmung
nerausgebildet. Doch dürfte allmählich die Klärung dahin gediehen sein, dass
es unzweckmässig ist, sofort mit grosser Aethermenge zu beginnen. Man ris-
kirt dabei reflektorische Syncope und erzeugt starke Schleimsecretion mit
dyspnoischer Athmung. Bei genügender Luftzufuhr und öfter wiederholten
<leineren Aethergaben gestaltet sich die Einleitung der Narcose ruhiger und
die Schleimsecretion erreicht nur solche Grade, dass man leicht damit fertig
werden kann.
Dreser hat 1893 Analysen des Gasgehaltes der Julliard’schen Maske bei
Jer Aethernarcose ausgeführt. Er fand, dass die Menge des Aetherdampfes
unter der Maske auffallend gering war. Der Kohlensäuregehalt schwankte
zwischen 1,2 1,7", eine Menge, die die Athmungsthätigkeit nicht lähmt,
sondern anregt. Der Sauerstoffgehalt war nur in ungefährlicher Grenze ver-
Nindert. Bei regelmässiger Athmung brachten die Patienten eine ausreichende
Ventilation des Maskenraums zu Stande, aber bei behinderter Respiration wurden
die Verhältnisse sofort wieder ungünstiger.
Trotz dieser beruhigenden Untersuchungsbefunde ist aber die Julliard’sche
Maske keineswegs einwandsfrei. Die Mehrzahl der Patienten leidet bei
langerer Narcosendauer unter der Julliard’schen Maske an übermässiger
Schleimsecretion. Ausserdem hat sie den Nachtheil, das ganze Gesicht zu
verdecken. Bei dem Wanscher’schen Aethersack ist das fortwährende Schütteln
unbequem und die Menge des dabei entwickelten Aetherdampfes un-
berechenbar.
Dagegen scheint es, als ob die Aeth ertropfmethode die Nachtheile
fast ganz vermeiden lässt, Witzel hatte bereits mehrere Jahre mit ihr die
besten Resultate, auch Mikulicz bedient sich ihrer wenigstens bei leichter zu
betäubenden Patienten mit gutem Erfolg. Ich gebrauche diese Methode seit
Monaten mit wachsender Häufigkeit. Es wird Aether aus dem Tropfglas
mit wenig Unterbrechung auf die Schimmelbusch'sche Maske gegossen. Die
Patienten haben gar kein Erstickungsgefühl, sie athımen bei der Einleitung sehr
ruhig, Es dauert etwa 10—15 Minuten bis zur Toleranz. In dieser
Zeit werden durchschnittlich 100 grm Aether verbraucht, von da an
kann die Aethermenge vermindert werden. Doch bedarf es einer fort-
dauernden Aufmerksamkeit, um den Patienten nicht erwachen zu lassen,
Schleimsecretion ist nur selten und dann nur in geringem Grad vermehrt.
Einige Patienten waren nicht in ganz ruhige Narcose zu versetzen. Bei ihnen
wurde dann eine kurzdauernde Chloroforminhalation eingefügt. Es scheint
überhaupt so zu liegen, dass man in Fällen, bei denen die Narcose nicht
durch mässige Aethergaben gelingt, nicht durch höhere Aethergaben die
Toleranz erzwingen darf, sondern viel besser thut, dazu sich der Beihilfe
des Chloroform zu bedienen. Unvermeidlich ist freilich bei der Aethertropf-
methode, dass ein grosser Theil des Aethers unbenutzt in die Luft geht und
den Narcotiseur belästigt. Doch ist diese Belästigung gering, sie wurde von
uns bisher nur wenig empfunden.