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die Propagation wahrzunehmen, aber die Erscheinungen sind, wenigstens in
einer grossen Zahl der Fälle, so variabel, dass die entschiedene Verschlechterung
auch nur eines Symptomes schon als bedeutungsvoll anzusehen ist. Sie muss
das Signal sein, zum unverzüglichen Eingreifen, Sprengel hat dies in
recht prägnanter und treffender Weise am Chirurgenkongress 1899 ausgedrückt
in folgender Formel: »Es gibt drei Symptome, welche für unser
Handeln massgebend sind, das sind der Schmerz, das Fieber, der
Puls. Wenn eins von diesen Symptomen decidiert schlechter
wird, sollen wir operieren.« Das ist auch meine Anschauung. Allzuviel
Klügeln und Deuteln, ob man nicht doch noch am Ende dem Kranken die
Operation ersparen kann, bringt gerade in diesen Fällen Schaden. Es ver-
streicht dabei die kostbarste Zeit; jeder Tag kann das Schicksal des Kranken
entscheiden. Und darum ist auch ein prinzipielles Zuwarten bis zum fünften
Tage gewiss nicht richtig. Ich bin von demselben ganz abgekommen.
Wir haben von unseren 9 hierher gehörigen Fällen 7 verloren, Es ist
das eine grosse Sterblichkeit. Ob sie bei einem früheren Eingreifen (die Hälfte
davon ist am 5., 6. und 7. Tage operiert worden) eine geringere gewesen
wäre, lässt sich nicht sagen, da es ja gerade bei diesem Typus der Appen-
dieitis sich meist um höhere Virulenzgrade des infektiösen Materials handelt.
Aber ich glaube doch, dass man sich zu den Operationen an früheren Ter-
minen hätte entschliessen sollen. ----
Das sind in kurzen Zügen die Erfahrungen, die ich mit der progressiven
eiterigen Periappendicitis im Allgemeinen gemacht habe, und die Schlüsse,
die sich mir aus denselben ergeben haben. Es erübrigt mir nun noch, einige
Einzelnheiten, die von Interesse sind, kurz zu besprechen,
Zunächst mögen diejenigen Fälle, bei welchen es zu secundären isolirten,
fern vom ursprünglichen Herde gelegenen Eiterbildungen gekommen ist, Berück-
sichtigung finden. Die übrigen multiplen Abscesse und Eiterungen, wie sie
sich bei der über weite Strecken des Bauchraumes verbreiteten Peritonitis
ainden, will ich aber dabei nicht in Betracht ziehen.
Solche isolirte Abscesse, die durch das Herausschleudern.des infektiösen
Materiales beim Durchbruche des Wurmfortsatzes an ferner gelegenen Parthien
entstehen —— es sind also nicht metastasische —, wurden 6 mal beobachtet. Es
handelte sich dabei
zweimal um Abscesse in der linken unteren Bauchseite,
zweimal » » im Subphrenium rechts,
einmal >» » im Douglas,
einmal in der Magengegend (zwischen Magen und
Colon transversum).
Bei den Abscessen in der linken Bauchseite war primär in der Heo-
coecalgegend unter Entfernung des Wurmfortsatzes operirt worden; die
Abscesse selbst wurden durch Nachoperation eröffnet, Einmal wurde dadurch
ellung erzielt, einmal konnte aber der tödtliche Ausgang nicht verhütet
verden.