74
Durch die Via mala.
selben liegen faulenzend auf der niedrigschmalen
Strassenbrüstung über der grausigen Tiefe zwei
junge, halbwüchsige Italiener, unheimliche Ge-
sellen am unheimlichen Ort, deren drohende
Mienen ich wohl verstand, nicht aber die mir
nachgeschickten Worte, —
In starker Steigung geht die Strasse weiter.
Plötzlich befinde ich mich in einem lieblichen
Thalkessel, wohin die ersten Sonnenstrahlen
fallen und wo thaubeperlte Gentianen und Sazxi-
fragen von den grünen Hängen heruntergrüssen.
Hier liegt Rongellen mit niedlichen Häuschen.
An einem Röhrbrunnen stehen Männer mit ver-
schlafenen Gesichtern und waschen sich.
Nicht lange, und die Felsenenge, die eigent-
liche Via mala beginnt. Immer enger treten
die Felsen zusammen, immer tiefer wird die
Spalte. Da führt im kühnen Bogen die erste
Brücke über den wohl sechzig Meter tiefen Ab-
grund, in dem das dunkelgrüne Wasser, von
keinem Sonnenstrahl beleuchtet, in tollem Laufe
Felsen und Bäume mit sich reissend, dahinschiesst.
Die Strasse schmiegt sich wieder an die
Felswand, Wasser sprüht herab, manch Blümchen
erfrischend. Der vorspringende Fels ist durch
ein kurzes Gewölbe durchbrochen, an dem eben
ausgebessert wird, da rutschendes Gestein es
eingedrückt hat.