Arosa und mein Bergleben.
45
den Bergeshäuptern mehr als an mir“. Nun, ich
hoffe, derselbe Berggeist, der jene trennte, hat
uns beide auf immer zusammengeführt.
Mit grosser‘ Innigkeit schliessen wir uns ein-
ander an. Täglich liegen wir draussen im Walde
unter den Tannen. Wie heimlich ist’s darin,
wenn die goldnen Sonnenfunken durch die Bäume
sprühen und ein Licht nach dem andern an-
stecken, wenn eine Blume nach der andern die
Augen aufschlägt, wie ein rosiges, von der Mutter
wachgeküsstes Kind! da ist’s gut liegen. Durchs
Tannengrün schimmern im Silberglanz des Sommer-
tages die nahen schroffen Felswände des Schiess-
horns. Von ferne her rauscht der Wildbach.
Finken und Meisen singen ihr lustig Lied,
Hummeln umschwärmen die duftigen Alpen-
kinder. Hoch oben in den Lüften schwebt ruhig
kreisend ein Raubvogel. Nur leise, ganz leise
wagen sich die Vöglein mit ihrem Gesange her-
vor und ducken sich unters schützende Gezweig,
Nun ist die Gefahr vorüber, und helle wieder
klingt das Lied. Meinen Freund umschweben
holde Lichtgestalten, Frieder und Ilse, und gute
Geisterchen recken neugierig sich an seiner
Hängematte empor und wollen sehen, was das
Menschenkindlein von ihnen träume und schreibe.
O still, ganz still, es dichtet!
Neben uns im grünen Grase ruht ein in Dresden