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Hans Sachs.
Mich führte außer jenem Grund, den ich
Euch schon gesagt, noch einer her zu Euch.
Steffen. Was es auch sei, befehlt nur, hoher Herr.
Maximilian. Ich möchte Euch, da Ihr der Ratsherrn Haupt,
In einem Fall um Euer Urteil fragen,
Der seltner Art mir scheint. Vor einem Jahr
Hat er in Frankfurt sich begeben und
Ward, wie der Kaiser jüngsthin mir gesagt,
Ihm zur Entscheidung vorgelegt.
Steffen (erstaunt). Dem Kaiser?ꝰ
Steht Ihr ihm nah? O Herr, da könntet Ihr
Uns eine Gnade seltner Art erzeigen,
Wenn Ihr mit einem einz'gen kleinen Wort
Ihm unser Wirken vor die Augen brächtet,
Was gnädig selber Ihr zuvor belobt;
Ihr glaubt es nicht, wie wir den Kaiser lieben,
Und wie wir wünschen, es ihm recht zu thun.
Maximilian. Das kann geschehn. Allein der Fall
Steffen (verlegen). Ja, der —
Ich habe wenig Fälle noch entschieden,
Doch muß zuletzt man sich in alles finden;
So will ich denn versuchen, ob es geht.
Maximilian. 's ist mir um Eure Ansicht nur zu thun.
Ein Bürger Frankfurts hatte ein Juwel,
Das ihm als Erbteil zugefallen war;
Was sonst er hatte, war so viel nicht wert
Als dies Juwel allein, drum hütet er
Mit nimmer müder Sorg' es Tag und Nacht;
Es war das liebste ihm, was er besaß.
Nun hatte jener Mann, der ihm den Schmuck
Im Testamente zugedacht, bestimmt,
Er dürf' ihn nur besitzen bis zur Zeit,
Zu welcher er den Schmuck, von dem jedoch
Er Eigentümer blieb, an einen Mann,
Den er sich wählen konnte, geben mußte,
Daß jener Hüter sei von seinem Schmuck.
Als jene Zeit herangekommen war,
Bewarben sich zwei Männer um den Schatz;
Der eine, sichrer Kunde nach, ein Mann,