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Neunzehntes Kapitel.
als derselbe eben in seine Werkstatt eingetreten war. Sie brachten
dem Meister, dem jetzt eine schnelle Ahnung über die gestrigen
Vorgänge aufging, die Botschaft: die Stadt Nürnberg wolle sich
nicht nachsagen lassen, daß sie einem ihrer Bürger die Ehre wei—
gere, welche ihm gebühre, derhalben haben sie den Meister, dessen
Ruhm in deutschen Landen und darüber hinaus ohnegleichen sei,
in ihren Rat gekürt.
Der also mit Ehren Gekrönte stand da wie ein errötendes
Mägdlein und brachte in der Verwirrnis nur ungeschickte Dank—
sagung hervor. Als aber die Herren hinweg waren, fiel Frau
Agnes, welche hinter der Thür alles gehört hatte, dem Gemahl
um den Hals und herzte ihn unter Thränen, indem sie flüsterte:
„Deine Freud, meine Freud, deine Ehr, meine Ehr!“
Albrecht Dürer war nicht eitler Ehre geizig, aber die Güte
und das Wohlwollen, welches sich in der Ratskürung kund—
gegeben, that ihm im Innersten wohl und gab dem Genius
zinen neuen Flügelschlag. Das Gemälde für Frankfurt ging
nun seiner Vollendung entgegen. Eine Unterbrechung erfuhr die
Arbeit noch durch den im Juni erfolgenden Umzug nach dem
neuen Haus am Tiergärtner Thor, dann konnte er bald sein
Meisterzeichen darunter setzen.
Wie ein Vater seines wohlgeratenen Sohnes, so freute sich
der Schöpfer seines Werks, und als er's abschicken wollte, da
kam ihm das Scheiden ordentlich schwer an.
In zärtlicher Fürsorge für sein Werk setzte er sich hin und
gab demselben einen Geleitsbrief mit:
„Meine schuldige Ehrerbietung zuvor, vielwerter,
hochachtbarer Herr Heller!
Die Prüfung der Geduld, dazu ich Euch genötiget, ist
nun endlich aus. Ihr empfanget hiermit die geforderte Tafel.