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Ein Werk aus der frühen Zeit Vischers, in der er noch im
gotischen Geschmack arbeitete, ist die Grabplatte des Bischofs Heinrich III.,
Groß von Trockau, vom Jahre 1492 im Bamberger Dome. Sie ist
in ganz flachem Reliefstil geschickt durchgeführt. Der Bischof in vollem
Ornate ist auf einem Löwen stehend gedacht, und der Baldachin über
seinem Haupte ist in gotischer Anordnung flach gebildet. Diesem Denk—
mal ist die spätere Grabplatte für den Bamberger Bischof Georg L.,
Marschalk von Ebenet, ähnlich)y. Da der Bamberger Maler Wolf⸗
gang Katzheimer hierzu die Visierung gemacht hatte, möchte man das
auch von dem Grabmal des Bischofs Heinrich III. annehmen. Peter
Vischer wird auch nicht einmal die Modelle ausgeführt, sondern sie
vermutlich dem Bildschnitzer Simon Lamberger übertragen haben, mit
dem er in Beziehung gestanden haben muß, denn im Jahre 1494
wurden beide vom Kurfürsten Philipp von der Pfalz nach Heidelberg
berufen. Auf besonderes Zureden des Rates willigten sie ein, einige
Zeit bei dem Kurfürsten zu arbeiten?). Jedoch ist nicht bekannt, was
sie dort geschaffen haben, und deshalb läßt sich nicht mit Gewißheit
behaupten, daß Lamberger die Modelle für die beiden Grabplatten an—
gefertigt hat. Übrigens sind sie noch in der hergebrachten Anordnung ent—
worfen. Auch die als Relief gedachte Grabplatte Johanns IV. im Dome
zu Breslau vom Jahre 1496 zeigt noch bedeutend die gotische Befangen—
heit im Figürlichen und eine den organischen Körperbau verbergende
Gewandung in unfreier Behandlung und eckigem Faltenwurf. Die
ganze Schärfe des damaligen Realismus tritt noch einmal hervor.
Dagegen macht sich ein bedeutender Fortschritt im Magdeburger
Grabmal des Erzbischofs Ernst von Magdeburg geltend, und dieser
Fortschritt würde erklärlich sein, wenn die Vollendung des Denkmals
in das Jahr 1497 fiele, wie man auch früher gelesen hat. In neuerer
Zeit erkannte man aber den Irrtum und las 1495 aus der Inschrift
heraus, da die letzte Ziffer eine damalige arabische Fünf sei.
Bald nach 1494 wird der Erzbischof Ernst“) für die zwischen den
noch nicht vollendeten Westtürmen gelegene Anna-Kapelle im Magde—
burger Dome, die er neu ausschmücken ließ und in demselben Jahre
der Jungfrau Maria weihte, sein Grabmal bei Peter Vischer bestellt
haben. Da Peter Vischer im Jahre 1494 in Heidelberg war und
) Jede Grabplatte war bei Vischer für 60 fl. bestellt.
2) Baader, Beitr. z. Kunstgesch. Nürnbergs D, p. 48.
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