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einiger Kastanienbäume auf den sanft schwellenden
Rasenteppich nieder.
Margarethe kam mit der hohen Kanne und füllte
den silbernen Ehrenbecher, ihn mit sittigem Gruße
dem Vater reichend. „Ja Mädel, Gott sei gedankt,
es ist geschehen, ich will den hochfahrenden Welschen
zeigen, daß wir Deutschen auch etwas können, und
magst nun Du, Herrmann, mit Deinem Kumpan, den
Hans Gerla, mir noch so viel von der Kunst Italias
plaudern und predigen. Schön ist's, doch kommt mir
Manches so gar heidnisch vor in ihren Gebilden, Das
darf nicht sein, durchaus nicht.“
„Aber Vater,“ erwiderte Herrmann, „ich sollte
doch meinen, Italia sei die Wiege der Kunst!“ —
„Was, Wiege der Kunst!“ fuhr der Meister auf,
„sprich, wo ist die Wiege des Frühlings? Allent—
halben, in allen Landen mag der Frühling sein Eigen—
thümliches haben — aber allenthalben ist es doch
immer derselbe Frühling — und wo die Kunst in
ein Land Einkehr genommen, da ist auch der Frühling
desselben hereingebrochen, und der bringt jedem Lande
seine eigenthümlichen Blüthen, die aber wollen be—
griffen sein, sie wollen verstanden sein. Könnten die
meisten deutschen Kunstkundigen die hohen deutschen
Meister in ihren Werken verstehen, sie brauchten nicht
nach dem Welschlande hinauszuziehen. Sind die
Deutschen doch gewöhnlich wie die Kinder und Affen,
was fremd und neu, Das gefällt, und ist es noch so
pudeltoll, wie auch in ihren Trachten. Ich will damit
nicht sagen, daß Italia keine wackern Meister gehabt,
die Tüchtiges geschaffen — aber ich lasse mir nichts
auf das liebe deutsche Land kommen!“