Volltext: Der Streit um die Lauterkeit der Nürnbergischen Ceremonien in der Mitte des 18. Jahrhunderts

292 v. Schubert, Der Streit über die Nürnberger Ceremonien, 
hingegen hat Chemnitius 1. c. eben vornehmlich mit exaggeriret, daß 
die Papisten alle diese ceremonias sub anathemate behalten wißen 
wollen. Nebstdem fragte sichs: ob auch diese Ceremonien schon vor 
dem Interim alhier beibehalten gewesen? Wenn die 12 Brüder eine 
Communion machen, so können 3, 4, auch privatim communicirt zu 
werden verlangen. '"T’res enim faciuut collegium adeoque etiam com- 
munionem. Christus hat tauffen und Abendmal halten nicht an die 
Kirchhäuser gebunden. Es fragte sich nun also: Ob ‘solche außer 
denen Kirchen geschehende actus als indifferent auch anzısehen oder 
nicht? Sind sie indifferent, so eivert man dagegen (wie die Papisten 
über die Meß-Ceremonien) mit Unrecht und können sich die latei- 
nische und nach dem Papstum riechende ritus auch noch wol un- 
vermerkt nach und nach abschaffen laßen. Sind sie aber nicht 
indifferent, so könnte keine communion und Tauffe außer der Kirche 
gültig geschehen. Und dahin mag vielleicht der Auspachische Anta- 
gyonist mit denen Worten: daß unsere NB lateinische Gsdienste auf 
lauter Interesse gebauet seyn, zielen. Daß man nemlich darauf so 
hart hält, daß man glauben muß, man müße besondern Nutzen davon 
haben, zumalen doch wegen der Augsp. Confeßions- Sabbaths - Char- 
freitagsfeier und sonst verschiedenes schon geändert ist. Der Brandenb, 
Neid gegen Nbg. ist um so weniger außer deme vor befremdlich zu 
achten, als ia T’acitus schon geschrieben: Solita inter accolas odia etc. 
Dahero ist freilich nicht zu rathen, daß die hiesige Hnn Geistliche 
den Unterhalt von Brandenburg erwarten. Wann aber in der Hospital- 
kirche gar kein Tagamt ist, so ist diß wieder ein Beweiß: daß dieser 
Unterschied nicht schon vor, sondern erst durch das Interim eingeführt 
worden. Das Tagamt wird heut zu Tage in ohnehin mei- 
stens nur Stühlen und Bänken gehalten, und die dabei nun 
übliche musiquen werden auch nicht viel erbauen. Das wesentliche der 
Nürnbergischen Liturgie ist eine unzulängliche Distinetion. Alle 
Liturgie im N. T. ist eine menschliche Ordnung, daun der Herr 
Christus und die Apostel haben von Ceremonien nichts wesentliches 
yelehret. Accedit verbum ad elementum et fit sacramentum ist auch 
nur der alte canon und dieser inuoluirt alle liturgien und ceremonien, 
diese bleiben also arbitrio humano überlaßen. Hat man aber ex 
papatu einige davon alhier specialiter behalten, so muß man auch 
sich nicht zu entgegen seyn laßen, wann es heißt: es seyc aus 
Menschenfurcht geschehen. Mulner in annalib. sagt dieses selbst aus- 
drücklich, mit dem Beisatz: iedermann hätte damals gesagt, die 
damit begangene Heuchelei hätte Gott bald darnach durch den 
Mggvischen Krieg gestraffet. Und hat der sel, Herr Veit Dietrich 
doch endlich auch vieles wieder abschaffen helfen, so könnte man 
solches wol auch noch thun. Das Erhalt uns Herr und viele Ge- 
sänge nebst dem Tagamt werden eben meistens so unerbaulich als 
die ehemalige Frühmeße.. Von Lauten biß zum Auslauten währet
	        
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