Volltext: Verhandlungen der ... Wanderversammlung Bayerischer Landwirte zu Nürnberg vom 12. bis 15. Mai 1895 (32. (1895))

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und Apothekerkosten nur die Hälfte des Krankengeldes, bei einem 
ortsüblichen Taglohn von 1,50 Mk. für erwachsene weibliche 
Arbeiter also 88 Pfg. pro Tag zu bezahlen hat. Und dies trifft 
nicht etwa bloß für liederliche Frauenspersonen zu, die aus dem 
geschlechtlichen Verkehr ein Bewerbe machen, sondern für jedes 
Dienstmädchen und für jede Fabrikarbeiterin, die vielleicht einen 
liederlichen Liebhaber hat. Der moralische Gewinn, den man sich 
von dieser Bestimmung versprochen hat, wird durch die physischen 
Nachteile für die Erkrankten und die finanziellen Nachteile für 
die Landgemeinden jedenfalls weit übertroffen. 
Die Unfallrenten betragen bekanntlich bei völliger Er— 
werbsunfähigkeit 662/300 des Arbeitsverdienstes und werden im 
einzelnen Falle nach dem Maße der durch den Unfall herbei— 
geführten Erwerbsbeschränktheit abgestuft. Im Großen und Ganzen 
darf man wohl sagen, daß das Unfallversicherungsgesetz in dieser 
Hinsicht gut und richtig funktioniert und die dagegen erhobenen 
Klagen meistens auf vollkommen unberechtigte, um nicht zu sagen 
schwindelhafte Ansprüche zurückzuführen sind. 
Invaliditäts-und Altersversicherung. 
Ähnliches darf man auch sagen hinsichtlich der Rentenleistung 
der Versicherungsanstalten auf Grund des Alters- und Invaliditäts— 
versicherungsgesetzes, die ja im Gesetze selbst mehr oder weniger 
festgelegt sind. Nur zwei Punkte möchte ich hier erwähnen. 
Sehr übel daran sind die landwirtschaftlichen Taglöhner 
mit wechselnden Arbeitgebern und die kleinen Gewerbetreibenden 
auf dem Lande (Maurer, Zimmerleute, Ziegelarbeiter — sogenannte 
Saisonarbeiter), die teils auf ihrem Gewerbe, teils in der Land— 
wirtschaft — hauptsächlich ihrer eigenen — arbeiten. Die ge⸗ 
wöhnlichen Taglöhner mit wechselnden Arbeitgebern sind wenigstens 
in unseren süddeutschen Verhältnissen gerade diejenige Arbeiter— 
klasse, die — wenn auch nicht sehr zahlreich — doch einer Für— 
sorge am ersten bedürftig ist und ich erachte es für urrichtig, 
wenn bei den Verbesserungsvorschlägen für die Versicherungs⸗ 
gesetze von einer Seite diese Arbeiterkategorie unberücksichtigt ge— 
lassen werden soll. 
War es diesen unständigen Taglöhnern und den 
Saisonarbeitern schon sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich,
	        
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