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glänzt in den reitzenden Lichttönen einer holden Romantik.
Wenn jene stahlumgürtete Vorzeit sich auf kühnem Arm
hereinlegt in unser weichlicheres Jahrhundert und uns Vor—
würfe machen wollte ob unserer zahmen Füg- uud Schmieg—
samkeit, so müssen wir freilich diesen Vorwürfen zum großen
Theil mit unseren Bibliotheken antworten, in denen unsere
Thaten zu finden sind, aber wir antworten drum doch mit
der Herrschaft des Geistes, die allerwege mehr zu Stande
gebracht, als die Herrschaft des Leibes. Allerdings lassen
sich aus der großen Rüstkammer des Mittelalters auch jene
schönen Träume des Gemüths, welche die Kunst erzeugt
hat, liebend hervorheben; und Nürnberg bietet in seiner
Geschichte andere Stoffe, als sich Novellen- und Schauspiel—
schreiber in der Regel:zum Vorwurf' (in doppeltem Sin—
ne genommen) gewählt haben, (hier nur zu gedenken: der
erfundenen Rohheit der Sensenschmiede an zwei jungen
Burggrafen verübt, des bluthrothen Hinko, der süßlichen
Lebkuchendirne und dergleichen), allein jene unmittelbare
Abhängigkeit von Kaiser und Reich, so verführerisch auch
ihre Freiheit erscheinen mag in allem Glanz ihres Bestan—
denseyns, sie wirft einen tiefen Schlagschatten durch das da—
malige Leben. All jener Irr- und Aberglaube, die rohe
Handhabung einer eingebildeten Gerechtigkeit, die frechen
Vorrechte des Adels, die ganze Mischung von Willkühr und
Beschränkung, die sich wie ein breiter grauer Streif durch
die bunten Farben des mittelalterlichen Nürnbergs zieht,
sollten wir ernstlich nach der Rückkehr derselben zu verlan—
gen im Stande seyn? Und nun gar jene Schaalheit und