Volltext: Fürth in Vergangenheit und Gegenwart

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Die Diebsbanden des 17. und 18. Jahrhunderts zählten viele Betteljuden 
als Mitglieder. Fast in jedem Jahre wurde ein auf diese Betteliuden 
sich beziehendes Ausschreiben erlassen. 
Wir würden uns täuschen, wenn wir uns der Ansicht hingeben würden, 
als ob die Juden in Fürth damals ein schlechtes Dasein gehabt hätten. Im 
Gegenteil, sie lebten fröhlich und vergnügt, hatten ein angenehmes häus— 
liches Leben. Lurus und Wohlleben nahm bei ihnen überhand. Es mußten 
Verwarnungen wegen zu großer Kleiderpracht, Verbote gegen das viele 
Spielen, namentlich gegen das Kartenspiel, erlassen werden. Finden wir 
ja zum Beispiel in einem Ausstattungsverzeichnis einer Braut aus dem 
16. Jahrhundert aufgeführt: 4 silberne Gürtel, 7 goldene Ringe, 5 goldene 
Schleier, 1 Perlenkranz, 1 Mantel mit silbernen Borten, silberne Hauben 
und so weiter. 
Um diesem verschwenderischen Leben nur einigermaßen zu steuern, 
wurde vom Judenrat 1728 das „Tekunnosbüchlein“ erlassen. Es ist 
eine Sammlung von Vorschriften über die Mahlzeiten bei Hochzeiten, Be— 
schneidungen und anderen Festen, über Geschenke, Kleidung, Lebensweise. 
„Vor der Beschneidung, bei Anfertigung der Festkerzen, war nur eine 
kleine Aufwartung von 1 Maß Wein nebst Bier erlaubt. Am vorher— 
gehenden Freitag Abend war eine größere Mahlzeit nach den Vermögens⸗ 
verhältnissen in drei Stufen vorgeschrieben; das Zuckerwerk durfte nicht 
vom Konditor entnommen sein. Am Tage der Zeremonie selbst folgte 
wieder eine Mahlzeit, und der bis zu 1000 Thlr. Besitzende durfte 10 Männer 
und 6 Frauen laden; bei höherem Vermögen bis zu 4000 fl. waren 24 
Gäste erlaubt, bis 10000 fl. 30 Gäste, darüber deren 36. Die Vorzüge 
der letzteren Mahlzeitklassen waren 8 welsche Hühner, Hechte oder Forellen 
(beide zugleich nicht); die der dritten Klasse 2 Hühner, Sardellen und 
Lachsfische, davon das Pfund nicht über 20 kr. kostet, welch' letzteres sich 
bei der zweiten Klasse auf 15 kr. reduziert, wobei überdies noch die Wein— 
quantität vorgeschrieben wurde, die in der ersten Klasse ein Maß nicht 
überstieg. 
Weitere Mahlzeitfeste fanden statt bei Stiftungen von Gesetzesrollen, 
beim erstgeborenen Sohn, bei Hauseinweihungen, bei erlangter Gesetzmün⸗ 
digkeit u. s. w. Bei Heiraten folgte dem Verlobungsmahle das des Gürtel— 
tauschens, diesem das der Hochzeit und machte schließlich das Mahl des 
„Schenkweines“ am Samstag darnach, bei welchem der Wein von den 
Gästen gestellt wurde und ein gleiches für die Freunde am Sountag den 
Beschluß. Wer von den Eingeladenen zu spät kam, erhielt nur Suppe und 
was übrig geblieben war. Früher geschah die Einladung zu Mahlzeiten 
durch lauten Ruf vor den Häusern, von nun an aber in den Häusern. 
Zum Tanz und zur Namensgebung durfte iudes in der Nachbarschaft, nicht 
wie ehedem in der ganzen Gemeinde, gerufen werden; der Ruf zum Flechten 
des Brauthaares war überall erlaubt. 
Fremde Hochzeiter durften weder zum Tanze noch zum Stein (Stern— 
werfens mit Musik auf der Straße ziehen.
	        
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