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Siebentes Kapitel.
pfirsichrote Bänder schlossen die geschlitzten AÄrmel, und über die
Brust legte sich malerisch lose ein blaugrauer, mit gelben Schnüren
verbrämter Überwurf.
„Was ist das für eine blaue Blume, die die rechte Hand
hält?“ fragte Carlo, nachdem er eine Weile in schweigendem
Anschauen versunken gestanden. „Was mag er damit sagen
wollen?“
„Siehe, da oben steht eine Inschrift, die deutet es vielleicht“,
bemerkte Bella.
Carlo trat ganz dicht hinzu, da las er die Worte: „Mein
Sach die gaht, als es oben staht.“
„Das ist dunkel“, sprach er kopfschüttelnd, „wer mag es
deuten?“
Er sah dabei die Wirtin an, welche schweigend auf der
Schwelle stehen geblieben war.
„Es ist ein gar frommer Herr, der deutsche Maler“, meinte
diese. „Da ich nach dem Sinn dieser Worte forschte, wies er
himmelwärts und sagte: ‚Der im Himmel ist meine Hoffnung
und Vertrauen, ihm hab ich all meine Sache heimgestellt. Da
ich aber nach der blauen Blume fragte, wandte er sich errötend
ab und sprach: ‚Wir heißen es Männertreu.“ Ich meine, daheim
gedenket seiner eine holde Maid, und er selbst gedenket ihrer
mit gleich treuem Herzen.“
Bella kehrte sich ab und besah die andern Bilder; ihr
Gesicht hatte sich gewandelt, und Andacht war das nicht, mit
welcher ihre Augen von Gemälde zu Gemälde gingen. Nach
einer Weile mahnte sie zum Rückzug — man hatte sich auch
wohl schon zu lange verweilt.
Der Bruder folgte ungern und wunderte sich unterwegs
über die Schweigsamkeit seiner sonst so lebhaften, redelustigen
Schwester. —