Volltext: Albrecht Dürer

In der Schule. 
15 
Es war der Doktor Henricus Philander, der also in dem 
Pirkheimerschen Palast empfangen ward. Sein eigentlicher Name 
war Heinrich Liebmann, dem Brauch der Gelehrten seiner Zeit 
gemäß aber hatte er seinem Vornamen ein lateinisches und seinem 
Geschlechtsnamen ein griechisches Röcklein angethan. 
Herr Doktor Henricus Philander war ein bemerkenswerter 
Mann, hochgeachtet in der ganzen Stadt um seiner ausgebrei— 
teten Kenntnisse und seines seltenen Lehrgeschicks willen und 
darum in den reichen Geschlechterhöfen, wo es Kinder zu unter— 
weisen gab, heimisch. 
Bei dem kaiserlichen Rat und Mitglied des Stadtregiments 
von Nürnberg Doktor Johann Pirkheimer war er bereits sieben 
Jahre aus- und eingegangen, da er erst die älteste Tochter 
Charitas und dann seiner Zeit auch die jüngere Sabina in den 
Wissenschaften unterrichtete. Mit besonderer Befriedigung und 
Behagen lag er hier seiner Pflicht ob, denn die beiden Mägd— 
lein waren geistig so reich beanlagt und von solchem Wissens— 
drang beseelt, daß der Doktor Philander oft ganz vergaß, daß 
er weibliche Wesen vor sich hatte, und dieselben wie Knaben 
behandelte. Die beiden Jungfräulein lernten Latein und Griechisch 
mit spielender Leichtigkeit und fanden sich auch schnell in die 
Geheimnisse der mathematischen und astronomischen Wissenschaft. 
Seit einiger Zeit war die Zahl seiner Schüler im Pirk— 
heimerschen Hause auf drei gestiegen, da sich der Wilibald den 
Schwestern zugesellt hatte, und mit erhöhtem Eifer waltete jetzt 
der Doktor seines Amtes, da er bald gewahr ward, daß der 
Knabe an geistiger Kraft und Fassungsvermögen den Schwestern 
noch überlegen war. Ihn zu lehren war ihm vollends nicht 
eine Last und Arbeit, sondern eine Lust und Herzerhebung. 
Und in demselben Maß nun, als der Knabe in den Wissenschaf— 
ten gefördert ward, stieg das Ansehen des Lehrmeisters bei den
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.