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gegen einen Nürnberger Bürger nicht zu seinem Rechte verhelfen wolle.
Daher überfiel er mit Hilfe dreier Herren von Rietheim einige Nürn—
berger Kaufleute und führte sie samt ihrer Habe gefangen nach dem
den Rietheimern gehörenden Schlosse Kaltenburg. Roßhaupter wurde
auf Klage des Nürnberger Rats in die Acht gethan, die Rietheimer
aber fuhren fort, ihn zu „hausen und zu hofen“ und gaben die Gefangenen
nicht frei. Deshalb unternahm die Stadt in der ersten Hälfte dez
Jahres 1485 eine Kriegsfahrt gegen Kaltenburg, das mit Hülfe eines
jener ungeheuren Geschützkolosse, von denen wir oben gesprochen haben,
— die „Kaltenburgerin“, wie die Büchse später genannt wurde, wog
57 Centner weniger 16 Pfund — völlig zerstört wurde. Doch spam
sich die Fehde noch eine ganze Weile lang fort und der Roßhaupter
wird beschuldigt, mancherlei wilde Grausamkeiten dabei begangen zu
haben. Es war vergebens, daß der Nürnberger Rat einen hohen Preis
auf seinen Kopf aussetzte, daß Kaiser Sigmund die Reichsacht gegen
ihn ernenerte und in Vollzug zu setzen befahl. Die stolze Reichsstadt
mußte sich schließlich doch zu einem Vergleich verstehen im Jahre 1487,
auf Grund dessen der Roßhaupter vom Kaiser wieder aus der Acht
gelassen wurde.“)
Kaiser Sigmund starb am 9. Dezember 1487 zu Zuaim in
Mähren, der letzte männliche Sproß des luxemburgischen Hauses. Von
einnehmendem AÄußern, von leutseligem und ritterlichem Wesen, verband
er damit eine nie rastende Thätigkeit und eine auf das Große gerichtete
Gesinnung. Aber seine nicht selten geistreich entworfenen Pläne verstiegen
sich zu Zeiten wohl auch ins Abenteuerliche unds ein Wollen und Handeln
war unbeständig und unzuverlässig wie sein Charakter. Es sollte immer
alles zugleich und womöglich sofort gemacht sein, ernste Schwierigkeiten-
die sich ihm in den Weg stellten, kühlten seinen Eifer schnell. Das
Bewußtsein seiner Würde streifte an Eitelkeit, die ihn nur zu leicht
auc dem leeren Schein der Macht Genüge finden ließ. Da ihm zudem
das eigene Interesse, wie wir dies einem König unter den damaligen
Umständen freilich kaum verargen können, in erster Linie stand, konnte
er den Anforderungen, die Reich und Kirche an ihn stellten, im fent⸗
ferntesten nicht gerecht werden. Doch diesen gewaltigen Aufgaben gegenüber
wäre auch wohl die Kraft eines stärkeren und redlicheren Willens erlahmt.
In Nürnberg in der Spitalkirche zum heiligen Geist fand eine
prunkvolle Totenfeier für den Verstorbenen statt, zu der der Rat außer
dem Abt von St. Egidien noch drei fremde Äbte, den von Heilsbronn,
von Castell und von Mönchaurach gebeten hatte.
9 vol. Theodor v. Kern, im „Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit“
1872, Nr. 2