Eine Totenklage.
215
bitten wir dich, o himmlischer Vater, daß du deinen heiligen
Geist wiederum gebest einem, der da deine heilige christliche
Kirche allenthalben wieder sammle, auf daß wir wieder christ—
lich leben, daß aus unsern guten Werken alle Ungläubigen zu
uns selbst begehren und den christlichen Glauben annehmen.
Aber Herr, du willst, ehe du richtest, wie dein Sohn Jesus
Christus von den Priestern sterben mußte und vom Tod erstehen
und danach gen Himmel fahren, daß es also gleichförmig ergehe
deinem Nachfolger Martin Luther, den der Papst mit seinem Geld
verräterisch wider Gott ums Leben bringt; den wirst du er—
quicken. Und wie du danach verhängtest, daß Jerusalem darum
zerstöret ward, also auch wirst du diese angemaßte Gewalt des
römischen Stuhls zerstören. Ach Herr, gieb uns danach das
neu gezierte Jerusalem, das vom Himmel herabsteigt, davon die
Offenbarung schreibt, das heilig klare Evangelium, das nicht mit
menschlicher Lehre verdunkelt sei.
Darum sehe ein jeglicher, der Martin Luthers Bücher lieset,
wie seine Lehre so klar durchsichtig ist, so er das heilige Evan—
gelium führt. Darum sind sie in großen Ehren zu halten und
nicht zu verbrennen, es wäre denn, daß man seine Widersacher,
so allezeit der Wahrheit widerstehen, ins Feuer würfe mit all
ihren Meinungen, welche aus Menschen Götter machen wollen.
Aber daß man doch wieder neue Drucke von lutherischen Büchern
hätte! O Gott, ist Luther tot, wer wird uns hinfüro das hei—
lige Evangelium so klar vortragen? Ach Gott, was hätte er
uns noch in zehn, zwanzig Jahren schreiben mögen! O all ihr
frommen Christenmenschen, helfet mir fleißig beweinen diesen gott—
geistigen Menschen und ihn bitten, daß er uns einen andern
erleuchteten Mann sende!
O Erasmus von Rotterdam, wo willst du bleiben? Siehe,
was vermag der Ungerechten Tyrannei, der Weltlichen Gewalt,