Volltext: Albrecht Dürer

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Sünfundzwanzigstes Kapitel. Gestilltes Sehnen. 
sich dem Doktor Martinus. „Ehrwürdiger Herr Doktor, nehmet 
auch aus meinem Munde den Reisesegen. Lange schon zähle 
ich zu denen, so Euch ehren und für Euch beten.“ 
„Wie heißet Ihr?“ fragte Luther mild. 
„Albrecht Dürer“, war die Antwort. 
Da blitzten die großen Augen des Doktors mächtig auf, 
und mit gewandelter Stimme sprach sein Mund: „Albrecht 
Dürer, vielwerter Meister, seid mir gegrüßt! Siehe, auch ich 
habe Euch von Herzen lieb und ehre Eure Kunst, damit Ihr 
mir schon manche Erquickung bereitet. Seid Ihr auf dem Weg 
zur Wahrheit, so helfe Euch Gott, daß Ihr sichere Schritte 
thun lernet und immer fester gegründet werdet, auf daß die 
Wahrheit Euch frei mache!“ 
„Das walte Gott!“ versetzte Dürer warm. „Euch aber, 
dem der Papst und die Gottlosen dräuen, befehle ich in den 
Schutz des Allmächtigen, daß Ihr über Eurer Feinde Bosheit 
triumphieret und das Feld behaltet.“ 
„Habet Dank, Meister Dürer!“ erwiderte Luther innig und 
drückte dem Sprecher die Hand. „Mein Leben stehet in Gottes 
Hand, und mein Vertrauen ist auf den lebendigen Gott; so 
fürchte ich mich vor keinem Menschen, wär's auch der Papst oder 
der Teufel selber.“ 
Draußen auf dem Hof vernahm man Hufgetrappel, da 
machte Luther von allen Anwesenden einen schnellen Abschied, 
bestieg das Roß und trabte mit seinem Geleitsmann von 
dannen. 
Lange sah man den beiden nach, bis sie auf dem Wein— 
markt um die Ecke bogen und verschwanden. 
„Heute ist diesem Hause Heil begegnet und mir auch“, rief 
Dürer tief bewegt. „Nun weiß ich's vollends ganz gewiß: der 
Doktor Martinus ist der Schwan, von welchem Johann Hus
	        
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