Volltext: Albrecht Dürer

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Siebzehntes Kapitel. 
nicht recht zur Arbeit kommt. Sagte mir jüngst, er müsse sich 
zuzeiten verbergen, es werde ihm zu viel, er komme nimmer zu 
sich selbst. Ich glaub's ihm wohl, daß er der Ehre, so ihm 
die höchsten Stände anthun, überdrüssig wird. Sonderlich will 
ihm dieses nicht gefallen, daß sie ihn so gar viel in ihre Häuser 
laden zu Schmaus und Lustbarkeit, eben um der kostbaren Zeit 
willen, die damit vergeudet wird. — Wen er am liebsten kom— 
men sieht, das ist der greise Giovanni Bellini, zu dessen Füßen 
er einst gesessen, da er zum erstenmal in Venedig weilte. Der 
vürdige Greis schaut zu dem einstigen Schüler mit ungeheuchel— 
ter Bewunderung auf und bringt ihm die herzinnigste Freund— 
schaft entgegen. Und dem Deutschen thut solche aufrichtige Zu— 
neigung um so wohler, je heuchlerischer andere sich ihm nahen. 
Ich muß dir da ein Stücklein erzählen, welches sich jüngst erst 
zugetragen. Bellini tritt zu Dürer in die Werkstatt, der just 
an einem Studienkopf zu seinem Altargemälde arbeitet und eben 
beschäftigt ist, das Haar zu malen, eine Kunst, darin der deutsche 
Meister unerreicht dasteht. Der Alte bittet Dürer, ihm einen 
der Pinsel, damit er die Haare so wunderbar fein zu malen 
verstehe, zum Andenken zu schenken. Da greift Dürer in den 
Köcher und nimmt eine Handvoll gewöhnlicher Pinsel heraus. 
Die reicht er Bellini dar und sagt, er möge sich davon nehmen, 
so viel er wolle. Bellini lächelt und meint, Dürer habe ihn 
wohl mißverstanden, und bittet nur um einen feinen Haarpinsel. 
Da muß auch Dürer lächeln und spricht, er habe für die Haare 
keinen besondern Pinsel. Da nun Bellini dazu ungläubig den 
Kopf schüttelt, so nimmt Dürer einen der gewöhnlichen Pinsel 
und malt vor den Augen des staunenden Greises eine Locke 
wundersamen Frauenhaars daher. Diese Geschichte ist buchstäb— 
lich wahr, denn ich habe sie aus Bellinis eignem Munde, wel— 
cher noch hinzufügte: »Es war mir wie ein Wunder, das ich
	        
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