Volltext: Albrecht Dürer

36 
Sswoͤlftes Kapitel. 
gemut gelernet, die Kunst des Holzschnitts und des Kupferstichs, 
pflege es und wuchere damit zum Segen für das Volk! Siehe, 
das ist die Kunst für alle: die gestochene Kunst und noch mehr 
die gedruckte kann auch der Ärmste auf dem Markte kaufen, und 
diese Kunst, die bis anher des Papstes Bannstrahl verschonet, 
wird sie nicht eine Predigerin in der Wüste sein?“ 
Der Sprecher schwieg und sah den Freund erwartungsvoll 
an. Der stand in großer Erregung auf und schritt mehrere 
Male in der Kammer auf und nieder, dann machte er vor 
Dürer Halt und ergriff dessen Arm. „Albrecht, der Gedanke 
ist von Gott! Ja, seid Ihr die Stimme des Wüstenpredigers, 
mit Eurer gedruckten Kunst redet zu dem Volk, und das Volk 
wird Euch hören, wird Euch verstehen, wird Euch danken! Und 
siehe, ich ahne jetzund“, — er blickte dabei nach der Mappe — 
„Eurem Gedanken ist allbereits die That gefolgt, Ihr habet mit 
dieser Predigt schon begonnen.“ 
„Eure Ahnung trügt Euch nicht“, versetzte Dürer lächelnd. 
„Was ich seit zweien Jahren still geschaffen, hier diese Mappe 
birgt's in sich. Es ist die Offenbarung Johannis, so mir zu 
meinen Bildern Anlaß und Stoff gegeben.“ 
Pirkheimer reckte den Kopf, und seine Mienen verrieten ein 
jähes Befremden. „Die Offenbarung Johannis? Es ist doch 
nicht etwa ein neuer Papstesel“), wie Meister Wolgemut ihn 
) Das war ein kleiner Kupferstich mit der Aufschrift: Roma 
oaput mundi (Rom das Haupt der Welt). Im Hintergrund erblickt man 
die Engelsburg und den Tiberfluß, in der Mitte aber steht ein weibliches 
Ungeheuer, dessen einer Fuß ein Bockshuf, der andere eine Geierkralle 
ist und dessen rechter Arm in eine Katzenpfote ausläuft. Am Hinterteil 
sitzt ein Schweif, an dessen Ende ein Drachenkopf züngelt, und über den 
Schultern erhebt sich ein Eselskopf. Das Volk erriet den Sinn des Bil— 
des sofort und nannte es den Paopstesel.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.