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teiliges berichten, um so weniger, als ja die Niederschrift
der Gedichte im Heldenbuche Caspars im Auftrag eines katho-
lischen Fürsten, des Herzogs Balthasar von Mecklenburg (1442
bis 1507) erfolgte, der ausserdem bis 1479, also noch während
der Anfertigung der Handschrift geistlicher Würdenträger war.
(vgl. Zarncke, Germ. 1, 61). Und den Beleg dafür, dass eine
solche Unterdrückung von Theodolindens Namen in jener Zeit
anderweitig thatsächlich vorgekommen ist, bietet uns die Pseudo-
Stainhöwel’sche Uebersetzung des Decamerone (um 1472 ed.
Keller). Im italienischen Originale III, 2 (ed. Mannelli
Berlin 1829 1, 229) heisst es: „Agilulf, re de’ Longobardi,
siccome i Suoi predecessori in Paviä cittä di Lombardia avevan
fatto, fermo il solio del suo regno, avendo presa per moglie
Teudelinga, rimasa vedova d’Autari, re stato similmente de’ Lon-
gobardi . ..“ Die deutsche Uebersetzung (s. 171) sagt nur,
1) in der Ueberschrift der Novelle: „Wie dem künige Gul-
frede von einem seiner diener die künigin beschlaffenn warde“
und 2) im Texte: „Es was ein künige in Lamparten genant
Gulfrede, des fordern ihren stand unnd regiment in der stat
Pavia gefürt hetten; der het eynes andern küniges tochter zu
eynem weybe“ *). Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass der
eine von den im „Meerwunder‘‘ genannten Namen (str. 8: das
was here von Lampart) uns geradezu auf das Land der Königin
Theodolinde, auf die Lombardei weist, und ebenso spricht für
die Vermutung, Th. als ungenannte Heldin des „Meerwunders‘“
zu erblicken, der Umstand, dass Caspar und sein Genosse, wie
Zarncke a. a. 0. nachgewiesen hat, keine Bänkelsänger waren.
Solche‘ hätten gewiss jene Rücksicht nicht geübt und nicht zu
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’) Weniger scrupulös ist eine französische Uebersetzung: Le Cameron
autrement dit les cent nouvelles composees en langue latine par Jehan
Bocace et mises en Francois par Laurens de premier faict. Paris 1512.
Dort heisst es: „Ung roy fut en Lombardie nom6 Geluse lequel aprös la
mort de Vencaire aussi espousa 1a Veufue de Vencaire nommee Eudeline,
qui tres belle saige et honeste estoit.“ Der palefrenier gibt seiner Liebes-
sehnsucht in einem zwölfzeiligen Gedicht Ausdruck.