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In der That unter Lincks geistigem Einfluß hatte sich der
CLharakter der Sodalitas verändert. Anfänglich ein Kreis
religiös interessierter Männer um den Mittelpunkt Staupitz
geschart und nach ihm, vermutlich auf Scheurls besonderes
Betreiben benannt, wich allmählich, je mehr man sich des
spezifisch-augustinischen Lehrgehaltes, den Linck vertrat, be—
wußt wurde, sein persönliches Gepräge der in ihm betrie—
benen und deshalb auch zum Ausdruck gebrachten Lehrdoktrin.
Dementsprechend ging sein Name: „sodalitas Staupitiana“
in den einer „Augustiniana“ über: 12) sein „Princeps“,
wie Scheurl Cuther nennt,!15) wurde der „unus Martinus“.
Keineswegs war dadurch die persönliche Verehrung für
Staupitz geschmälert, 14) beugte sich doch der Generalvikar
selbst unter den gewaltigeren Geist seines wittenberger
Mönches. 16) Ende November verließ Staupitz Nürnberg
wieder und brachte den Winter in Salzburg zu 26) Wir
werden auf sein weiteres Verhalten zu Linck und Luther
späterhin einzugehen haben.
Der Monat Dezember brachte für Wenzel und seine
Freunde Nachrichten beängstigendster Art. Der päpstliche
Kammerherr Karl von Miltitz war in Augsburg ange—
kommen und der kurfürstliche Rat, Doktor Rühel, dem
Cinck gelegentlich der Cajetanschen Verhandlungen näher
getreten war, hatte mitgeteilt, daß derselbe mit drei päpst—⸗
lichen Breven versehen sei, die Luther ungesäumt zu ergreifen,
und gen Rom zu schaffen beföhlen.!47) Rühel unterließ
nicht, weitere schlimme Gerüchte und Warnungen seinem
Schreiben beizufügen. Wenzel übermittelte die Hiobspost
unverzüglich dem Prior M. Kaspar Güttel nach Eisleben,
wobin eben ein Bote abging, und Güttel setzte durch eine