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Stücken. Im Allgemeinen jedoch konnte man an diesen Gegenständen
einen erfreulichen Fortschritt wahrnehmen insbesondere an den Galanterie-
artikeln aus den genannten Stoffen,
Ein neues Material, welches sich durch die Eigenschaft, dass es während
des Rauchens nicht verbrennt oder verkohlt, sondern eine Kruste ansetzt,
besonders zu Tabakspfeifen empfiehlt, ist das Bruyereholz, d. h. die Wurzel
eines Strauches, welcher mit unserem Heidekraut Aehnlichkeit hat. Diese
Wurzel ist zwiebelförmig gebaut, erlangt mitunter eine Grösse von 3—4
Fuss und ein Gewicht von 30—40 &g und ist sehr schön gemasert. Es
waren französische Hirten, welche dieses Bruyereholz zuerst zu Tabaks-
pfeifen verwendeten. Sie bohrten kleine abgerundete Wurzeln in primi-
tivster Art aus und gaben diesen Pfeifenköpfen einen Federkiel als Rohr.
Im Jahre 1852 wurden zum ersten Mal durch Drechsler und zwar in Paris
Pfeifen aus diesem Holze angefertigt, welche durch ihre vorzüglichen Eigen-
schaften beim Gebrauche eine rasche Verbreitung fanden. Gegenwärtig ist
lie Bruyere-Pfejfenfabrikation zu einer bedeutenden Industrie angewachsen.
Gebhard Ott lernte sie in Paris kennen und, nachdem er sie dort 7
Jahre laug geübt, gründete er 1865 in Nürnberg eine Bruy@re-Pfeifenfabrik
und verpflanzte so diesen neuen Industriezweig von Frankreich nach Deutsch-
jand. Obwohl der betreffende Artikel in Deutschland nur wenig konsumiert
wurde und daher hauptsächlich auf den Export angewiesen war, schwang
sich die Bruyere-Pfeifentabrikation hier doch rasch zu grosser Bedeutung
auf; es entstanden Fabriken in Nürnberg, Fürth, Strassburg, Koblenz, Wien
and anderen Städten und gegenwärtig beträgt der jährliche Export mehr
als !/2 Million Mark. Die Hauptfabrik ist noch immer die des Herrn
Gebhard Ott in Nürnberg. Sie war auf der Ausstellung in einer ihrer
Bedeutung entsprechenden Weise vertreten. Ausser einem Stücke Rohholz
bemerkte man eine reiche Auswahl von Pfeifen in allen möglichen Formen
und Grössen, welche in sehr geschmackvoller Weise angeordnet waren.
Der Umfang der in Rede stehenden Industrie ergibt sich aus dem Umstande,
lass in mancher Fabrik wöchentlich 6—800 Dutzend solcher Pfeifen her-
yestellt werden. /
Nach dem Vorbilde der Leute im Bayerischen Walde, welche Tabaks-
pfeifen und Zigarrenspitzen aus den Kknolligen Teilen der Birkenwurzeln
machen, und in einer sehr Krausen, einem Rauchinstrument nicht übel
stehenden Weise behandeln, liessen sich vielleicht die Birkenwurzeln, falls
sich knollige Teile in hinlänglicher Menge finden, in ähnlicher Weise wie
das Bruyereholz verwenden.
Von grosser Bedeutung sind in Bayern Horn- und Elfenbeinkamm-
fabrikate, wie man daran erkennt, dass im ganzen Lande 333 Betriebe exi-
stieren. Davon treffen auf Mittelfranken 109 Betriebe, welche sich nament-
lich auf Nürnberg und Fürth konzentrieren. In diesen beiden Städten
allein werden jährlich 200,000 Dutzend Kämme gemacht, welche schon