Metadaten: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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Stücken. Im Allgemeinen jedoch konnte man an diesen Gegenständen 
einen erfreulichen Fortschritt wahrnehmen insbesondere an den Galanterie- 
artikeln aus den genannten Stoffen, 
Ein neues Material, welches sich durch die Eigenschaft, dass es während 
des Rauchens nicht verbrennt oder verkohlt, sondern eine Kruste ansetzt, 
besonders zu Tabakspfeifen empfiehlt, ist das Bruyereholz, d. h. die Wurzel 
eines Strauches, welcher mit unserem Heidekraut Aehnlichkeit hat. Diese 
Wurzel ist zwiebelförmig gebaut, erlangt mitunter eine Grösse von 3—4 
Fuss und ein Gewicht von 30—40 &g und ist sehr schön gemasert. Es 
waren französische Hirten, welche dieses Bruyereholz zuerst zu Tabaks- 
pfeifen verwendeten. Sie bohrten kleine abgerundete Wurzeln in primi- 
tivster Art aus und gaben diesen Pfeifenköpfen einen Federkiel als Rohr. 
Im Jahre 1852 wurden zum ersten Mal durch Drechsler und zwar in Paris 
Pfeifen aus diesem Holze angefertigt, welche durch ihre vorzüglichen Eigen- 
schaften beim Gebrauche eine rasche Verbreitung fanden. Gegenwärtig ist 
lie Bruyere-Pfejfenfabrikation zu einer bedeutenden Industrie angewachsen. 
Gebhard Ott lernte sie in Paris kennen und, nachdem er sie dort 7 
Jahre laug geübt, gründete er 1865 in Nürnberg eine Bruy@re-Pfeifenfabrik 
und verpflanzte so diesen neuen Industriezweig von Frankreich nach Deutsch- 
jand. Obwohl der betreffende Artikel in Deutschland nur wenig konsumiert 
wurde und daher hauptsächlich auf den Export angewiesen war, schwang 
sich die Bruyere-Pfeifentabrikation hier doch rasch zu grosser Bedeutung 
auf; es entstanden Fabriken in Nürnberg, Fürth, Strassburg, Koblenz, Wien 
and anderen Städten und gegenwärtig beträgt der jährliche Export mehr 
als !/2 Million Mark. Die Hauptfabrik ist noch immer die des Herrn 
Gebhard Ott in Nürnberg. Sie war auf der Ausstellung in einer ihrer 
Bedeutung entsprechenden Weise vertreten. Ausser einem Stücke Rohholz 
bemerkte man eine reiche Auswahl von Pfeifen in allen möglichen Formen 
und Grössen, welche in sehr geschmackvoller Weise angeordnet waren. 
Der Umfang der in Rede stehenden Industrie ergibt sich aus dem Umstande, 
lass in mancher Fabrik wöchentlich 6—800 Dutzend solcher Pfeifen her- 
yestellt werden. / 
Nach dem Vorbilde der Leute im Bayerischen Walde, welche Tabaks- 
pfeifen und Zigarrenspitzen aus den Kknolligen Teilen der Birkenwurzeln 
machen, und in einer sehr Krausen, einem Rauchinstrument nicht übel 
stehenden Weise behandeln, liessen sich vielleicht die Birkenwurzeln, falls 
sich knollige Teile in hinlänglicher Menge finden, in ähnlicher Weise wie 
das Bruyereholz verwenden. 
Von grosser Bedeutung sind in Bayern Horn- und Elfenbeinkamm- 
fabrikate, wie man daran erkennt, dass im ganzen Lande 333 Betriebe exi- 
stieren. Davon treffen auf Mittelfranken 109 Betriebe, welche sich nament- 
lich auf Nürnberg und Fürth konzentrieren. In diesen beiden Städten 
allein werden jährlich 200,000 Dutzend Kämme gemacht, welche schon
	        
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