Volltext: Hans Sachs

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Wahrheit. Ach, ihr nehmt mich gutwillig an, 
Wie auch viel andre haben than, 
Weil gut und ehrlich mein' Gestalt, 
Liebt mich im Anfang Jung und Alt. 
Bäuerin. Ach, wer künnt' dir doch feind auch sein? 
Wahrheit. Gar alle Menschen in gemein. 
Was nit ist gar grundguter Art, 
Auf d' Läng mir immer feindlich ward. 
Bauer. Ach sag' warum dasselbig sei? 
Wahrheit. Weil man lieber hört Heuchlerei 
Von den schmeichelhaftigen Schelken, 
Welche die Ohren künnen melken, 
Reden, was die Leut gern hören; 
Die sind's, die Jedermann bethören 
Und sie in allen Lastern stärken. 
Bauer. Warum sie doch nit lieber merken 
Auf deine Stimm, du Frau Wahrheit? 
Wahrheit. Das macht, daß je und alle Zeit 
Mein Red ist ernsthaftig und streng, 
Kein Lug noch Trug ich niemand häng, 
All mein Wort sind ohne Heuchlerei. 
Bauer. Sag', wie die Red der Wahrheit sei? 
Wahrheit. Das ist, wer redt mit seinem Mund 
Gleich wie's steht in seins Herzen Grund, 
Ohn Betrug mit den Nächsten sein 
Das Ja bleib Ja, das Nein bleib Nein, 
Ohn alles Ansehn der Person, 
Treff's unten oder oben an. 
Find ich eine solche Art an dir? 
Baueer (rratzt sich erst bedenklich den Kopf.) 
Nein wahrlich, das fehlt weit an mir, 
Thu oft manchem freundlich zusprechen, 
Möcht lieber ihm das Herz abstechen. 
Sollt' ich allmal die Wahrheit sagen, 
—AV 
Muß oft heucheln und Lüg erdenken, 
Den Mantel nach dem Winde henken, 
Müßt oft sonst schmale Brocken essen. 
Bänerin. Ja, wir sind oft beide gesessen, 
Eh wir ein Lüg haben erdacht, 
Wenn unser Zinsherr uns anfacht.
	        
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