70
etwa von Hans Sachs abhängig ist und die Äußerung Lichtenbergs
somit mehr als ein beiläufiger Spott zu gelten hätte, weiß ich nicht
zu sagen. Ebenso ist mir nichts Näheres bekannt über die „Artliche
und Holdselige Beschreibung der frommen tugendsämen und Gotts-
[urchtigen Weiber, genommen aus dem 26. Cap. Syrachs. 1611“,
die Vinzentius Liechtenberger, wohl durch Hans Sachs ange-
regt, verfaßt hat. Wahrscheinlich sind diese „Reime in Hans
Sachsischer Art“, die ich nur aus einer Mitteilung Wills kenne,
ein Gegenstück zu der „Wahrhaftigen Beschreibung aller ungottes-
förchtigen heuchlerischen Weibsbilder auß dem Syrach genommen
Cap. 25“ von Hans Sachs, die Will in seiner „Bibliotheca Norica“
‚Pars VIIL, 1793, S. 52) eben vorher erwähnt hat. Man kann sich
dabei ferner erinnern, daß Hans Sachs auch einen „ehren-spiegel
der zwölf durchleuchtigen frawen deß alten testaments“ ver-
faßt hat.!
Gerade das Thema von den Frauen, mag es sich nun um
gute oder, schlechte handeln, war eines der volkstümlichsten, insbe-
sondere dienten die schwachen Seiten des weiblichen Geschlechtes
den Satirikern vielfach als dankbare Zielscheibe, da ließ sich vor
dem Angesicht der leichtgläubigen Menge mancher Schuß ins
Schwarze tun. Wir haben schon (oben S. 20—21) gehört, wie sich die
teschichte von den neun Häuten einer bösen Frau, die Hans Sachs
so trefflich in Verse gebracht hatte, über einen langen Zeitraum
hin großer Beliebtheit erfreute. Es liegt daher nahe, auch in der
yrosaischen Volksliteratur des ausgehenden 16. Jahrhunderts nach-
zuspüren, ob etwa auch hier dieser oder andere volkstümliche Stoffe
in Anlehnung an Hans Sachs verarbeitet erscheinen. Indes wird es
schwer halten, hier sichere Spuren nachzuweisen. Schon Jakob
ärimm hat in dem Aufsatze „Die ungleichen Kinder Evas“? eine
Benutzung des Hans Sachs durch Widmann in seinem Faustbuche
1599) abgelehnt. Erich Schmidt hat die Schilderung der Helena im
Faustbuche® vom Jahre 1587 und die Beschreibung derselben bei
Hans Sachs nebeneinander gestellt. ohne gerade einen Schluß daraus
1 Hans Sachs, hg. von Kehler, 1, 203 ff.
? Zeitschrift für deutsches Altertum % (1842), S. 263.
$ Charakteristiken, Berlin, 1886, S. 27. Man vgl. auch S. R. Nagel im
Euphorion 9 (1902), S. 65, Auch die Übereinstimmungen zwischen Hans Sachs
ınd dem ältesten Faustbuche bei Städtebeschreibungen. auf die Jakoh Minor