In der Tellheimat.
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und unter derselben, fortwährend Tag und Nacht,
Himmel und Hölle spielend, die Gotthardbahn.
Seeüber liegen unter himmelanstrebenden Fels-
wänden, in glücklicher Weltabgeschiedenheit die
dunkelbraunen Holzdächer des Dörfchens Bauen.
Bald ist Flüelen erreicht. Das kleine Dorf
am Ende des See’s Kegt teils im Anschwemmungs-
gebiet der Reuss, teils an den Höhen hinauf.
Die meisten Reisenden besteigen hier die Gott-
hardbahn, die sich hier anschickt, den mächtigen
Gebirgsstock zu bezwingen; andere besteigen den
Omnibus des Altdorfer Schlüssels und fahren,
auf dem Dache sitzend, an mir vorüber, während
der Portier auf den Plüschsitzen nach wohl-
gelungenem Fange sich gütlich thut und behaglich
zum Fenster herausschaut. Unterwegs tritt ein
altes Mütterchen an mich heran, bittend, ihr eins
von den Edelweisssträusschen abzukaufen. „Gern,
liebe Alte! mein altes Mütterchen daheim, das
mich lehrte, Mitleid mit der Armut zu empfinden,
wird sich freuen, wenn ich’s ihm mitbringe.
Behüt’ Euch Gott!“
Fünf fromme Väter kommen des Weges daher,
behäbige Gestalten, die ganze Breite der Strasse
nehmen sie ein. Aus ihren braunen Kutten schauen
lustige Gesichter mit langen Bärten. Grütznersche
Gestalten! Sie sind aus Altdorf, wo sich ausser
dem Mönchs- auch ein Nonnenkloster befindet.