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jagt: „Während an den Sürftenhöfen und auf den
Ititterburgen die Poefie vor der zunehmenden RKoheit
floh, erhielten die Gandwerker die Liebe zu ihr und
hielten den Sinn für fie wadh ... Cine große Anzahl
von Meifterfingern ftrebten darüber hinaus, verfuchten
lich in verfhiedenen, von der Tabulatur unabhängigen
Hormen der Poefie und brachten eben darin ihr Beftes
zu ftande. EndlihH ft auch noch eine nationale und
firchlidhe Bedeutfamkeit dem Streben und Wirken der
Meifterfinger zuzuerfennen.“
Hoch zu reifen ift der Meilterfinger ernfter, reli:
giöjer, ehrenfefter und fittlich tüchtiger Sinn. Heilig
waren ihnen die Bande der Che; Sparfamteit und
Senügfamfkeit Fennzeidhneten ihr Leben. Treu hielten
He zu Raijer und Reich, zur Bibel und zur deutfcdhen
Sprache. €8 lag etwas Ideales über ihrem Thun und
Treiben. Die holde Mufe der Didtkunft erhöhte und
(äuterte ihr Sinnen und Trachten. Haben jemals die
Worte von „der guten alten Zeit“ ihre Berechtigung
gehabt, fo war e8 in Anwendung auf die Tage des
deutihen Meijtergefanges.
Als der Meiftergefang verfiel, fagt Adam Bufdh-
mann, entj{dwanden dem Bürgerftande die Sdeale, und
die jungen Burfchen befleißigten fidh fortan des Spieles,
der Üppigkeit und aller Untugenden. Spaltung, Hader
und Zanf bradjen im Schoße der lebten Meifterfinger
aus, „weil immer einer mehr wiffen will als der
andere.“ Die Zeit veränderte fiod. Die DidNtung
ging aus der Mitte des Volkes über in die engen
dumpfen Selehrtenftuben. Hier war noch weniger
Yuft und Freiheit für die edhte Kunft, wie bei den
SGejegen der Tabulatur. Zwang und Kegeln, fein
ausgeflügelt und ausgetüftelt, find aber das Damokles:
Ihwert für jede Künftlerifhe Bethätigung. Sie ver:
Pa
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