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bie Straßen der alten freien Reichsftabt. Männer und
Frauen der vornehmen Sefchlechter trugen Bifam= und
Bobelfelle nicht allein mehr als Befag ihrer Kleider zum
Abzeichen des Standes, fondern führten volle Pelzgemwan-
dung für Straße und Kirdenbefuch. Sn dide Loben-
mäntel Heideten fig Bürger und Gewerksgenofjen. Die
mächtigen Kachelöfen mit den ringsum laufenden Dfen-
bänfen mußten Tag für Tag frifd gefüllt werden, aus
der SHlofferwerkftatt Bollinger fprangen die Funken, wenn
die Eingangstür fich öffnete, zifdend auf den Schnee des
Hofes.
Das Chriftfeft Kam mit feinem Slanze herbei.
Dem Peter Hele und feiner Mutter war’ wehmütig
ung Herz, denn e& war das erfie Mal, daß fie Weih-
achten ohne Gatten und Vater feierten. Über fie zogen
mit den andern zur Chriftmeffe und hörten den Lobgefang
der Hirten, fahen den Stern fcheinen über der Krippe des
RNeltheilandes und tröfteten das Weh in ihrer Bruft.
Als fie in der Mutter Stübhen hHeimgekehrt, fand
Peter gleich einer echten, für ihn erfonnenen Chriftbe-
jherung eine Briefrolle Herrn Pirkheimers, welche die
erfehnte Nachriht au3Z Padua enthielt. Des Nates . ge-
[ehrter Freund Contarini Hatte zwar von der Uhr die
eingehende Bejhreibung, welche im Stadtarchiv verwahrt
wurde, nicht erreichen Fönnen, doch war feinen Schreiber,
der des Zeichnenz Kfundig, nicht gewehrt worden, getreue
Abbilder des Wunderwerkes aufzunehmen. E83 fiel dem
gefchiten Peter nicht fchıwer, fi Hiermit durch den Bau
jicher hindurchzufinden und die ganze Einrichtung zu er-
gründen. In feinem Dachlämmerchen faß er fpät abend8
bei einem matt fladernden Lichtjtumpf, den Kopf auf die
ausaefpannte Rolle gebeugt, grübelte über die gesahnten