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Kindern aus erster Ehe waren vielleicht eins oder das andere
gestorben, die übrigen jedoch fanden in Hans Sachs einen
zweiten Vater. Es waren also Stiefkinder und nicht Enkel
(vgl. Hermann S. 9), welche in des greisen Dichters Hause
lebten. Man hat häufig wegen dieser zweiten Ehe dem weiss-
bärtigen Freiersmann hämischerweise frivole Motive unter-
geschoben — sehr mit Unrecht sicherlich. Hermann will davon
nichts wissen: sein Hans Sachs ist ein durchaus edler Mensch,
voller Anhänglichkeit an seine erste Frau, von inniger, reiner
Liebe zu Barbara beseelt und durch bibelfeste Frömmigkeit
gestärkt. — Des Altmeisters Werben um die Harscherin bildet
auch bei Gustav Burchard das äussere Gewand, eine Huldigung
für ihn den inneren Zweck des dramatischen Spieles in einem
Aufzuge „Hans Sachs“, das zusammen mit der freien Bearbeitung
zweier Fastnachtspiele und einer Tragödie des Hans Sachs
herauskam. In dem Stück tritt mit Hans Sachs als Freier um
Barbara ein junger reicher Kaufmann auf: Wenzel Wernick.
Er ist das Gegenstück zu Eoban Hesse (vgl. Reger-Lortzing),
sogar bis auf die Verspottung eines Gegners des Hans Sachs im
Namen! Die Jungfer aber lässt ihn abfahren. Der junge Mensch
wendet sich darauf an Hans Sachs, von dem er vermutet, dass
er selbst um Barbara freien wolle (vgl. Wagner: Beckmesser-
Sachs!), mit der Bitte, ein gutes Wort für ihn bei dem jungen
Mädchen einzulegen. Sachs wird jetzt erst inne, dass ihm die
Harscherin nicht gleichgiltig ist. Er sagt ihr, Wenzel Wernick
wolle um sie freien und versucht, sie für den Junker günstig
zu stimmen. Das junge Mädchen jedoch bleibt standhaft und
lehnt Wenzels Antrag ab. Neue Hoffnung erwacht in Sachsens
Brust. Die Meistersinger kommen, ihn zur Aufführung seines
Spieles „Frau Wahrheit“ einzuladen. Sie reden ihm zu, doch
endlich wieder einmal zu kommen, da er schon lange ihrer
Versammlung fern geblieben sei. Hans Sachs sagt sein Er-
scheinen zu. Er schickt sich darauf an, die Vorrede zu dem
3, Bande seiner Werke zu vollenden. Er wird gestört durch
den Eintritt des Gelehrten Fesselmann und des Kaufmanns
Lazarus Werniek. Sie werfen dem „Schuster“ seine Reim-
schmiederei vor, wodurch er das Volk verführe und sagen ihm,
dass dieses Volk, welches ihm so sehr anhänge, über sein
Verhältnis zu Barbara kynisch spotte. Hans Sachs wird deswegen