fullscreen: Hans Sachs und die Reformation

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ab, die schon seit dem 16. Jahrhundert verfallen und 
teils in Übertreibungen und künstliche Spielereien, teils in 
feinere oder derbere Zweideutigkeiten ausgeartet war. Durch 
den Regelzwang, die vorgeschriebene Ehrbarkeit des Inhalts 
und die von den Merkern aufs peinlichste geübte Prũüfung 
geschah es, daß die erst allzu frei gewordene Sangeskunst nun 
bald gar zu stark geknebelt wurde, weil man sie gleich den 
Handwerken zunftmäßig betrieb und durch diese geschäfts— 
mäßige Behandlung auf dieselbe Höhe mit ihnen hinab— 
drückte. 
Wer tagsüber als Gerber, Schneider, Spengler oder 
Kandelmacher seinem Berufe wacker und ehrsam nach⸗ 
gegangen war, fühlte sich abends zum Dichter entzückt, 
nippte abwechselnd am Schoppen Bier und am kastalischen 
Quell und suchte künstliche Gesänge in neuen Tönen 
zu erfinden oder in alten nachzubilden. In der Kirche 
oder auf dem Rathause wurde dann kommenden Sonn— 
tags die „Schule gehalten“. Die Singer lasen unter 
musikalischer Begleitung ihre „sehr herrliche und künst— 
liche Gedicht“ dem Vorstand vor, wobei die Merker hoch⸗ 
notpeinliche Kritik übten und die Verfehlungen gewissen— 
haft buchten. Zweiunddreißig Regeln mußten strengstens 
beobachtet werden; ein Regelkram, der sich freilich fast 
nur auf äußerliche Form erstreckte. Neben dem zur Be— 
dingung gemachten ehrbaren und sittsamen oder lehr— 
haften und artigen Inhalt, der dadurch natürlich oft 
zur Cangweiligkeit wurde, mußte allgemeine Verständlich— 
keit vorherrschen, die oft eine nüchterne Trockenheit her⸗ 
vorrief. Sodann kam es auf den Ton, das heißt die 
Singweise an, ferner war Wort- und Silbenzahl zu be— 
rücksichtigen, und schließlich machte der Reim das wesent⸗ 
lichste aus. Klappten namentlich die Reime recht schön 
und ohrenfällig, so hatte man ohne Zweifel ein treff—
	        
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