Object: 1828-1833 (1. Band)

Kaspars Selbstverwundung. 
der Meinung, daß diese Schrift von einer alten Vorschrift abge— 
zeichnet sein dürfte, da sich die Schrift vorzüglich in den Buchstaben 
deh zruw e durchaus gleich bleibt.“ Allerdings war Kaspar 
Zeichner und hatte bis zuletzt Zeichenstunden. Die Sache ist aber 
die: ohne Vorübung hätte er den Zettel so nicht zustande bringen 
können. Darum schrieb er auf zwei von den drei bei den Akten 
vorhandenen Linienblättern: „Aller Anfang ist schwer, durch 
UÜbung bringt man's (auf dem einen heißt es dann) weit, (auf 
dem anderen) zur Fertigkeit.“ Und eben diese beiden Linien— 
blätter passen im Wesentlichen genau zu den Zeilen 
des Originalzettels. Ohne dieses Hilfsmittel ist der Zettel 
nicht hergestellt worden. 
In dem schon erwähnten Entfiegelungsprotokoll heißt es: „Herr 
Oberlehrer Meyer übergab vor allem die noch vorhandene(n) Schreib— 
und Übungshefte, 17 an der Zahl, welche man Blatt für-Blatt 
durchging und hierbei nichts Besonderes zu bemerken fand, als daß 
sich in mehreren Heften mehrere Blätter sichtlich herausgeschnitten 
vorfanden, und daß namentlich in zwei Rechnungsheften aus einem 
Quartblatt. herausgeschnitten war.“ Während man so den Inhatt 
durchnahm, übersah man die Umhüllung, obgleich das Gericht sich 
zu dem Verdacht veranlaßt gefunden hat, Kaspars Lehrer am 
6. Januar 1834 die Frage vorzulegen: „Haben Sie jemals gemerkt, 
daß Hauser sich im Rückwärtsschreiben geübt habe —?“ Meyer 
mußte die Frage verneinen, wir können sie aber bejahen. 
zwischen der Schrift Kaspar Haufers und der des Zettels nicht die geringste Ähn— 
lichkeit stattfinde; der andere, Schreiblehrer am hiesigen Gymnasium, ein redlicher 
Maun, aber Günstling des Herrn Generalkommissars und Privatlehrer im Hause, 
konnte mit gutem Gewissen im allgemeinen sagen, da die eine Schrift eine ver— 
kehrte Lage hat: Kaspar Hausers Schrift ist eine andere; und der dritte ist ein 
Mann, der zwar hübsch schreibt, aber nie eine selbständige Meinung hat“ (Meyer 
an Stanhope, den 24. Januar 1835). Was es aber besagen wollte, in den Augen 
Stichaners mit Bezug auf Kaspar Hauser ketzerische Ansichten zu hegen, lehrt eine 
Stelle aus einem Briefe, den er am 28. Dezember 1833 an den Minister Waller— 
stein schrieb: „Ter Schullehrer Meyer, welchem er (K. H.) wie das Lamm 
Ffolgen Punkte, gemeint ist: Gottes) anvertraut war, behielt noch bis an das 
Ende diese Meinung (des Betrugs) und hat sie vielleicht noch“!
	        
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