Full text: Johann Tobias Kiessling und einige seiner Freunde nach ihrem Leben und Wirken

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wir Den verleugnen, der uns dort aus Staube gebildet, 
und nachher bis zum Tode am Kreuz geliebt Hat. Kennet doch 
ein Ochfe feinen Herrn und ein Efel die Krippe feines Heren3 
fürchten Sie alfo nicht, daß es der Welt gelingen möchte, mit 
Schmeicheleien, oder durch ihre Kränkungen, von Beidem viels 
Leicht Eines aus mir zu machen. Sie hält e& nicht für der 
Mühe werth, durch die erfferen mich auf ihre Seite zu brinz 
gen, und mit den leßteren wird die Erbitterung zwifchen uns 
beiden nur noch größer gemacht. Es ift fchon verfehen, Daß 
28 mir bei diefer Feindin Sottes nie gelingen fol. Und wie 
mag ihr Haß meine Liebe gewinnen? In dem Himmel wird 
ja fogar für unfre Schwachheit gebetet. 3um Wachen bekomz 
men wir au Kraft, wenn wir wollen; wollen wir aber: zu 
dem Bollbringen wirkt Er felbjft.“ 
„Was find wir ohne Erlöfer! — Unfer Dafein bliebe ohne 
Shn ein unerFlärbares Räthfel5 und die Bernunft Fann fich leichter 
eine Körperwelt ohne Sott, als eine Sünderwelt ohne Erlöfer 
gedenken. Wer mag noch leben, wenn er nicht weiß, ob er 
zu einem befferen Leben erlöft, erworben und gewonnen if? 
Mit Recht achten wir alles Andere für Schaden, für Dreck, 
oder für Kehricht, wie e& eigentlich heißt. Nur Sershrig, 
Staub, Abgänge von eitlen Sachen, ift ohne diefes die größte 
Gelehrfamkeit! Kehricht, das, wenn der Eigenthlimer endlich 
die Miethe räumt, zufammt ihm auf den großen Schutthaufen 
der Vergänglichkeit hHinausgefchafft wird. Ach, da liegen fie, die 
Folianten, die vieltheiligen Laften der Erde, die für unfterblih 
gehaltenen Bände, die armfeligen Blätter, auf denen der Berz 
faffer X und D, den erften und den leßten Buchftaben alles 
brauchbaren Wiffens, fo KHäglich vergeffen, — das Eintragen 
feines eigenen Namens in das Buch des Lebens fo jämmerlich 
vergeffen hat, — da liegen fie, und der dürre Schädel dabei, 
der fich darob in folzer Lage trug, daß er Alles, nur das 
einzige Nothwendige nicht gewußt.“ 
„Danken Sie e& Ihrem Herrn, daß Sie zu diefer Art von 
horheit weniger Berfuchung haben! Schägen Sie fih glücklich,
	        
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