Full text: Eine Adoptivtochter Napoleon I.

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30. April 1812. Behalten Sie ihn, ziehen Sie ihn auf 
bis zu seinem 17. Jahre und schicken Sie ihn dann nach 
Nürnberg, damit er in das 6. Kavallerie-Regiment ein— 
tritt, in welchem sein Vater gedient hat. Was mich be— 
trifft, ich kann ihn nicht behalten. Ich bin eine arme Frau 
und mein Vater ist todt!“ 
Das ist Alles, wie man sieht, sehr geheimnißvoll. 
Der Nürnberger Bürger, welcher nicht viel von dem ver— 
stehen konnte, was Kaspar antwortete, noch weniger von 
dem, wonach derselbe frug, führte ihn auf das Polizei— 
hureau. Der Commissar glaubte zunächst, er habe einen 
Schwindler vor sich, nach einem kurzen Verhör aber wurde 
ihm klar, daß er es mit einem jungen Menschen zu thun 
hatte, welcher völlig von der Außenwelt abgesperrt gewesen 
sein mußte und vom Leben ebensowenig wußte, wie ein 
neugeborenes Kind. Man führte den Knaben durch die 
Stadt und bemerkte, daß, wenn er an einem Thurme 
vorüberkam, er eine Bewegung machte, als ob er erschrecke. 
Man zeigte ihm von Weitem einen Berg: er war ganz 
erstaunt, er hatte dergleichen offenbar nie gesehen. Man 
wollte ihn veranlassen, Speise zu sich zu nehmen, allein dies 
erwies sich als unmöglich, er aß weder Fleisch noch trank 
er Bier: der Geruch des Fleisches verursachte ihm Uebel— 
keit: der des Tabaks war ihm zuwider. 
Da man nicht wußte, was man mit dem Findling 
anfangen sollte, so sperrte man ihn als Vagabunden ins 
Stadtgefängniß. Der Bürgermeister von Nürnberg, Herr 
Binder, aber erbarmte sich seiner, nahm ihn zu sich und
	        
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